Hoch ragte der Sintflut entstiegen (Lob der edlen Turnkunst)

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Hoch ragte, der Sintflut entstiegen
das struppige Urwaldgeschlecht
da turnte in lärmenden Riegen
der Affen behendes Geschlecht
Sie liefen so sicher, so zierlich
die Palmen hinauf und hinab
und baumelten quadrumanierlich
am Wickelschwanz lotrecht herab

Da sprach eines Tags ein Schimpanse
„Ihr Brüder, ich sag es euch frei
es fehlt uns wie ich das Ding anseh
schön längst eine Fortschrittspartei
Was frommt in gleichbleibenden Cyklen
dies Generationengedreh
ich werde mich weiter entwickeln
und nenne mich Homo Linne´

Ihr treibt mit den Beinen Verschwendung
stets konservativ und bequem
ich glaube, zu besserer Verwendung
taugt wohl unser Gliedersystem
Zum Gehen gebrauch ich bescheiden
hinfüro die hinteren zwei
so bleiben die vorderen beiden
zum Heben des Schoppens mir frei

So schob sich mit schwankenden Schritten
der Mensch in der Bildung Revier
erfand bald die Kleider und Sitten
das Wahlrecht, den Skat und das Bier
Hochmütig bald hatt´ er vergessen
wie nah er dem Affen verwandt
und neckte ihn, wenn er auf Messen
in Dagesells Bude ihn fand

Doch an den entarteten Tieren
ward schwer die Verirrung gerächt
denn schändlich zu degenerieren
begann bald das Menschengeschlecht
Seitdem in die Häuser, die dumpfen
man zog aus der Urwaldsnatur
begann gar bedenklich zu schrumpfen
die stattliche Muskulatur

Vornehmlich in größeren Städten
kam gänzlich der Mensch auf den Hund
dünn blieben die Extremitäten
es wütet im Haare der Schwund
Die Bäuche nur sog man sich dicker
mit Bier und verdächtigem Wein
und schaute durch Kneifer und Zwicker
blasiert in das Leben hinein

Da kam ein erleuchteter Greise
der sprach das gewichtige Wort
Es geht in bisheriger Weise
unmöglich noch länger so fort
Zur Umkehr zur Sitte der Väter
befreit uns von aller Beschwer
Flugs tönte durchs Land ein Gezeter
Der Turner, der Turner muß her!

Und trotz schickanierlichem Einwand
der löblichen Staatspolizei
erschien er in gräulicher Leinwand
und sprach fein : Frisch, fröhlich und frei!
Er schwang an dem Barren sich heiter
und lief Kilometer im Trab
und stieg an schräglehnender Leiter
mit den Händen hinauf und herab

Wir sagen es sonder Erdreistung
Einst schaut es die Zukunft vielleicht
daß in akrobatischer Leistung
man die rühmlichen Väter erreicht
So schreiten auf richtigen Bahnen
wir weiter in rüstigem Gang
und grüßen die zottigen Ahnen
zit zivilisiertem Gesang

Text: W. Polstorf
Musik: nach “
Ich weiß nicht was soll es bedeuten “ , Friedrich Silcher
in Der freie Turner – 1913

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1913 : Zeitraum:
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Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

„Ich weiß nicht was soll es bedeuten“ ist ein Lied nach einem Gedicht von Heinrich Heine, dass er 1823 über die Sage von der Lorelei schrieb. Es wurde allein im 19. Jahrhundert vielfach vertont und gelangte insbesondere in der Vertonung von Friedrich Silcher (1838) zu großer Popularität. Zahlreiche Nachdichtungen und Parodien existieren.

Von der Lorelei gibt es bereits eine Fassung von Eichendorff von 1812 und eine Fassung von Brentano von 1799, also etwa 25 Jahre älter als der Text von Heine. „Zu Bacharach am Rheine