Herzenstraut (Friedel)

(Vorläufer der Tagelieder)

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Slafst du, friedel ziere?
man weckt uns leider schiere.
ein vogellin so wohlgetan
daz ist der linden an daz zwi gegan

Ich war vil sanfte entslafen
nu ruofestu kint, wasen
liep ane leit mac niht gesin
swaz du gebiutst, daz leiste ich, friundin min

Die frouwe begunde weinen
du ritst und last mich eine
wenn wilt du wider her zuo mir?
owe du fuorst min froide samet dir.

Hochdeutsche Übersetzung:

Schläfst du noch, mein Leben ?
Es ist wohl Zeit uns zu erheben
Ein Vögelein so wohl getan
Hebt auf dem Lindenzweig zu singen an

„Ich schlief so sanft, dein Wecken
So eilig, ist mir, Kind, ein Schrecken
Lieb ohne Leid mag nimmer sein:
Was du gebietest, leist ich, Freundin mein.“

Die Frau begann zu weinen:
Du reitest, lassest mich alleine.
Wann kommst du wieder her zu mir?
Weh, meine Freud nimmst du fort mit dir! ‚

Text und Musik: Lied vom Minnefinger Dietmar v. Aist vor 1170. Nach der Redaktion von K. Bartsch, Liederdichter des 12.— 14. Jahrhunderts, S. 5. — Etwas abweichend bei Lachmann, Des Minnesangs Frühling 39. 18 und Wackernagel, Lesebuch 4. Aufl. 223. — Übcrsetzung von K. Simrock, Minnesinger S. 45.
in Deutscher Liederhort (1893, Nr. 797 „ohne Melodie“)

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1170 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Herzenstraut (Friedel)"

  • I, I Friedel = Geliebter, ein Schmeichelname. ziere = schmuck, schön.