Fried gib mir, Herr, auf Erden
durch deinen bittern Tod
Laß mich nit sieglos werden
in meiner letzten Not
dass mir der Feind kein Schmahe
beweis durch seine List
und ich zu dir mich nahe
den Lohn und Freud empfahe
als mir versprochen ist.
Geistliches Trauerlied (phrygisch) Amt v. Aich. 1519. Nr. 77.
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 257)
Vollständiger Text von 5 Strophen aus gleicher Quelle bei Hoffmann, Gesch. des KL., Nr. 300. S. 478.
„Das Lied ist, wie die Anfangsbuchstaben der Strophen melden, Gedicht auf den Tod des „Friedrich. Graf von Zollern“, früher Domdechant zu Straßburg, Freund von Keisersberg, dann seit 1486 Bischof zu Augsburg, gestorben 1505. — In der Handschrift der Brüder Brentano steht dasselbe Lied mit der Überschrift: „Anno domini 1528, 9. die Mensis Deceemdris.“ Von späterer Hand ist darüber folgendes bemerkt: „Im Ton wie der Graf von Serin.“
Somit hätten wir einen Kandidaten für die berühmte Melodie vom Grafen Serin vor uns. Da letzterer erst 1566 starb, so kann diese Bezeichnung nicht die ursprüngliche für eine Melodie von 1519 sein, sondern könnte sie erst später, da das Metrum passt, auf dieses historische Lied von 1566 übertragen worden sein. Aber das bezweifle ich und kann die vorliegende Melodie nicht für die im 16. Jahrh. so berühmte Weise auf Graf Serin ansehen, sondern halte sie für die nur dem Bischofsliede eigene, die keine Verbreitung fand. Gewichtig zwar ist das Zeugnis von einer Hand aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, deren Schreiber wohl die Singweise auf Graf Serin hätte kennen müssen. Hat er aber wirklich die Melodie oder nur die Strophenform mit seiner Notiz gemeint?
Ich halte letzteres für das richtige, da dem Schreiber keine Musiknoten vorlagen, über die er hätte seine Notiz setzen können. Und weil in so später Zeit vermutlich ihm die Originalmelodie zu dem geistlichen Liede von 1505 nicht mehr bekannt war, so hat er für seinen Bedarf den damals geläufigen Ton vom Graf Serin sich angemerkt.
Sucht man nach einem älteren Namen für die Melodie von 1519, so könnte man sie eher für die Doller-Weise von 1479 halten. Das Metrum passt, der klagende Ton der Melodie stimmt und die Zeit der Verwendung auf geistliche Texte lässt keinen Widerspruch aufkommen. Aber etwas unwahrscheinlich ist, dass ein geistlicher Dichter 1505 für sein Trauerlied auf die politische Melodie verfallen sein sollte; dazu ist vorstehende Weise gar nicht verbreitet gewesen, was wir von dem so berühmten und viel genannten Tone (Nr. 249 oben) nachweisen konnten.
Vielleicht bringt ein späterer Forscher mehr Licht in das Dunkel, das über dieser Melodie hier und der noch nicht zweifellos festgestellten Dollerweise schwebt.“ (Böhme, Liederhort II; S. 51)
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