Ein Kirchlein steht im Blauen

auf die Melodie der "Königskinder"

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Ein Kirchlein steht im Blauen

Ein Kirchlein steht im Blauen
auf steiler Bergeshöh
und mir wird beim Beschauen
des Kirchleins wohl und weh

Verödet steht es droben
ein Denkmal früh´rer Zeit
Vom Morgenrot gewoben
wird ihm sein Sonntagskleid

Und wenn die Glocken klingen
im frischen Morgenhauch
dann regt mit zarten Schwingen
sich dort ein Glöcklein auch

Es weckt sein mildes Schallen
die Vorzeit wunderbar
zum Kirchlein seh ich wallen
dann frommer Beter Schar

Text: Wilhelm Kilzer (1824). Erstmals (?) gedruckt in dessen „Feierklänge“ (1844)
Musik: auf die Melodie „Es waren zwei Königskinder“ Verbreitet ist der „gelungene Männerchor zu diesem Texte“ von C. F. Becker, auch von anderen komponiert, z.B. von Joseph Gersbach (gestorben 1832).

u. a. in: Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895, ebenfalls die Melodie von den „Königskindern“, aber überschrieben mit „Ach Mutter liebe Mutter“) — „Schulgesangbuch für höhere Lehranstalten

Liederthema:
Liederzeit: vor 1824 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

„Die Sage von den zwei Königskindern oder die Schwimmersage, welche in einer Reihe zusammengehöriger Volksballaden auftritt , ist nach ihrem Inhalte uralt. Diese Balladen , welche das unglückliche Geschick eines Liebespaares erzählen, bringen dieselbe Geschichte, die von Hero und Leander erzählt wird. Somit ist der Stoff aus dem hellenischen Altertum im Mittelalter in der Leute Mund gekommen und Vermittelung durch Gelehrte und Kunstdichter nicht anzuzweifeln:

Der Stoff wurde nach gekannten griechischen Quellen vermutlich durch provenzalische und nordfranzösische Dichter nach Deutschland getragen. In Deutschland muss die Sage wenigstens seit dem 12. Jahrhundert gekannt gewesen sein und scheint, dass sie vom Meere her eingebracht und nach dem Süden verpflanzt wurde, da die meisten hochdeutschen Texte scheinbar aus dem niederdeutschen hervorgegangen sind.

Lieder über diese herrliche Sage finden sich seit dem 15. Jahrhundert und bis jetrt in Nord- und Süddeutschland verbreitet. Sie beginnen: „Es waren zwei Königskinder“, „Ach Mutter, liebe Mutter“, „Ach Elslein, liebes Elselein“ …

Aber auch in Holland , Dänemark und Schweden wird das Lied von den unglücklichen Königskindern gesungen. Die Zeit hat das Gewand der Sage nach ihrer Sprache und die Wendungen geändert, und die Sage je nach dem neuen Lande und fremden Boden und Klima umgebildet.

Im 12. oder 13. Jahrhundert haben niederrheinische Kolonisten die Sage nach Mähren in das Kuhländchen verpflanzt. Hier wurde das Lied nicht nur mundartlich umgestaltet, sondern auch die Erinnerung an das Meer ist erloschen: die Königstochter der alten freien Sachsen ward hier zu einem Landmädchen der Kolonie verwandelt, und statt „an die kant van de rustende See“ zieht sie in den Grunwald und der Jüngling ertrinkt im Waldbache.

In der Schweiz hat sich die uralte, mythologische Sage, welche den klassischen Namen „Hero und Leander“ trägt, an mehreren Seen lokalisiert, besonders am Hallwyler See (Kanton Aargau) in dem Liede: „Es wend zwoi Liebi zsäme“ ( s. Rochholz, Aargauersagen II, 33 ) .

Die griechische Sage erzählt von Hero und Leander, die deutsche und skandinavische lassen die liebenden Königskinder ohne Namen .

Hero, eine schöne Jungfrau und Priesterin der Aphrodite zu Sefostes am Hellespont, liebte den schönen Leandros aus dem kleinasiatischen Abhdos, einer Stadt jenseits des Hellespont, gegenüber dem Orte seiner Geliebten. Um zu ihr zu gelangen, musste er stets den Hellespont durchschwimmen; in einer stürmischen Nacht kam er in den Fluten ums Leben. Da stürzt sich seine verzweifelnde Geliebte ins Meer

Dass die Sage sogar bis nach Indien hinaufreiche und dort am Gestade des Chinab und Pendschab im Volksmunde noch Lieder leben sollen, die das Unglück der Liebenden Hîr und Rângha, ähnlich dem von Hero und Leander, besingen ist ein Irrtum, den R. Köhler 1879 in der Zeitschrift f. d. Altertum ( Anzeiger Ser . VI. S. 265) zurückgewiesen . Diesen in deutschen Büchern nachgeschriebenen Irrtum hat zuerst der Orientalist Garcin de Taffy in seiner Übersetzung des hindostanischen Romans „Les Aventures de Kamrup“ , Paris 1834 p . II ausgesprochen, aber später in seiner Übersetzung des Romans Hir und Randscha 1857 widerrufen und erklärt, dass die Sage von diesem indischen Liebespaar mit der von Hero und Leander nicht identisch sei.“

(in: Erk / Böhme: Deutscher Liederhort I, 1894, Nr. 83 ff)

Zweite Melodie zu "Ein Kirchlein steht im Blauen"

Zweite Melodie zu Ein Kirchlein steht im Blauen
Zweistimmige Melodiefassung