Vom Turm wo ich oft gesehen (Herzog Ulrich der Verbannte)

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Vom Turm, wo ich oft gesehen
hernieder auf ein schönes Land,
vom Turme fremde Fahnen wehen
wo meiner Ahnen Banner stand.
Der Väter Hallen sind gebrochen
gefallen ist des Enkels Los,
er birgt, besiegt und ungebrochen
sich in der Erde tiefem Schoss.

Und wo einst in des Glückes Tagen
mein Jagdhorn tönte durchs Gefild,
da meine Feinde grässlich jagen
sie hetzen gar ein edles Wild.
Ich bin das Wild, auf das sie pirschen
die Bluthund‘ wetzen schon den Zahn,
sie dürsten nach dem Schweiss des Hirschen
und sein Geweih steht ihnen an.

Die Mörder habn in Berg und Heide
auf mich die Armbrust aufgespannt,
drum in des Bettlers rauhem Kleide
durchschleich‘ ich nachts mein eigen Land;
wo ich als Herr sonst eingeritten
und meinen hohen Gruss erbot,
da klopf‘ ich schüchtern an die Hütten
und bettle um ein Stückchen Brot.

Ihr warft mich aus den eignen Toren
doch einmal klopf‘ ich wieder an;
drum Mut! noch ist nicht all verloren
ich hab‘ ein Schwert und bin ein Mann.
ich wanke nicht, ich will es tragen
und ob mein Herz darüber bricht,
so sollen meine Freunde sagen:
er war ein Mann und wankte nicht

Text: Wilhelm Hauff , 1826
Musik: Emilie Zumsteeg –

"Vom Turm wo ich oft gesehen (Herzog Ulrich der Verbannte)" in diesen Liederbüchern

Allgemeines Deutsches KommersbuchAlbvereins-Liederbuch (ca. 1900) —