So oft ich meine Tabakspfeife

Sooft ich meine Tabakspfeife
Mit gutem Knaster angefüllt
Zur Lust und Zeitvertreib ergreife
So gibt sie mir ein Trauerbild –
Und füget diese Lehre bei
Dass ich derselben ähnlich sei

Die Pfeife stammt von Ton und Erde
Auch ich bin gleichfalls draus gemacht
Auch ich muss einst zur Erde werden
Sie fällt und bricht, eh ihr’s gedacht
Mir oftmals in der Hand entzwei
Mein Schicksal ist auch einerlei

Die Pfeife pflegt man nicht zu färben
Sie bleibet weiß. Also der Schluss
Dass ich auch dermaleinst im Sterben
Dem Leibe nach erblassen muss
Im Grabe wird der Körper auch
So schwarz wie sie nach langem Brauch

Wenn nun die Pfeife angezündet
So sieht man, wie im Augenblick
Der Rauch in freier Luft verschwindet
Nichts als die Asche bleibt zurück
So wird des Menschen Ruhm verzehrt
Und dessen Leib in Staub verkehrt

Wie oft geschieht’s nicht bei dem Rauchen
Dass, wenn der Stopfer nicht zur Hand
Man pflegt den Finger zu gebrauchen
Dann denk ich, wenn ich mich verbrannt
O, macht die Kohle solche Pein
Wie heiß mag erst die Hölle sein?

Ich kann bei so gestalten Sachen
Mir bei dem Toback jederzeit
Erbauliche Gedanken machen
Drum schmauch ich voll Zufriedenheit
Zu Land, zu Wasser und zu Haus
Mein Pfeifchen stets in Andacht aus

Text: Verfasser unbekannt
Musik: (Melodie mit beziffertem Bass) von Johann Sebastian Bach
Andere Schreibweise: „Sooft ich meine Tabakspfeife“, „Sooft ich meine Tobakspfeife“ oder „So oft ich meine Tobakspfeife“

Liederthema:
Liederzeit: vor 1736 : Zeitraum:

Zweite Melodie zu "So oft ich meine Tabakspfeife"

Zweite Melodie zu So oft ich meine Tabakspfeife
Melodie aus Konradsdorf (Schlesien)

Anmerkungen zu "So oft ich meine Tabakspfeife"

Die erste Melodie aus Bachs „Orgelbüchlein“ mitgeteilt von K. Bitter, Seb. Bachs Leben, I Theil 1865, Beilage. Entstehungszeit nicht bekannt. Ganz gleicher Text mit anderer Melodie steht in Sperontes „Singende Muse an der Pleiße“, Leipzig, 1736, Nr 99. Das Tabakslied von Sperontes mit Volksweise, im Text wenig abweichend, fand sich noch 1842 im Volksmunde in Schlesien und wurde zu Konradsdorf aufgezeichnet.

Das Lied ist ein Beweis, dass Sperontes Gedichte vom Volke aufgenommen wurden. Sollte vielleicht der Text von Henrici Picander gedichtet sein und in dessen „Sammlung erbaulicher Gedanken“ Leipzig 1714 stehen? Er lieferte für Bach mehrere geistliche Texte. (Angaben nach Böhme: „Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895, S. 482)