O Schneppenhorst

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O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Du Militärminister
Wie gleichst Du dem Chamäleon
Du strahlst in jedem Farbenton
O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Da staunen die Philister

O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Wie kühn sind deine Eide
Du schwörst im Eifer des Gefechts
Bald rechts, bald links, bald links, bald rechts
O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Du Bürgers Augenweide

O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Du Vaterlands-Befreier
Du schlägst mit Lieberich den Nutt
Mit Epp und Möhl das Volk kaputt
O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Dein Lob singt jeder Bayer

O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Ein Gruß der Hochverräter
Aus Ebrach, Straubing, Oberhaus
Tönt liebevoll dein Ruhm heraus
O Schneppenhorst, o Schneppenhorst
Den Dank erhältst du später

Text: Erich Mühsam
Musik: auf die Melodie von Tannenbaum O Tannenbaum

 

Liederthema:
Liederzeit: vor 1919 : Zeitraum:
Schlagwort:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Das heute nahezu auf der ganzen Welt bekannte Weihnachtslied „O Tannenbaum“ war mit einem völlig anderen Text ursprünglich ein studentisches Sauflied, was man ihm in manchen Parodien und Interpretationen auch noch anmerkt: Grüß Gott dir Bruder Straubinger“ und weiter „Das Bier ist gut geraten“.  Erst als die Sitte, den Tannenbaum als Weihnachtsbaum zu schmücken sich  gegen Ende des 18. Jahrhunderts  in ganz Deutschland verbreitete, konnte die Melodie umgedichtet und als Weihnachtslied populär werden.

Die Melodie von „O Tannenbaum“ wurde vermutlich über deutsche Auswanderer die Hymne vier amerikanischer Bundesstaaten und außerdem ein sozialistisches Lied, das heute noch auf den Parteitagen der englischen und irischen Labourparty gesungen wird. „The peoples flag is deepest red (The scarlett Banner)“. Als solches politisches Lied stand es auch als Nr.1 im Liederbuch der Wobbles, der „Industrial Workers of the World“ und wurde beim „Bread & Roses„-Arbeitskampf  1912 in Larence, Massachussets gesungen.

Vom Text her aber ist „O Tannenbaum“ zuerst eine Liebesklage gewesen, dann erst ein Weihnachtslied, geschrieben von einem Herrn Eskuche, der auch „Alle meine Entchen“ textete.

Anmerkungen zu "O Schneppenhorst"

Anmerkung von Erich Mühsam dazu: Verfaßt in der Festungsabteilung des Zuchthauses Ebrach im Hochsommer 1919. Schneppenhorst war sozialdemokratischer Militärminister unter dem Ministerpräsidenten Hoffmann. Er beteiligte sich als solcher an den Vorbereitungen zur Ausrufung der Räte-Republik. Von Landauer zur Rede gestellt, ob es ihm, in dem das bayerische Proletariat einen zweiten Noske sah, mit seiner Wandlung ernst sei, beteuerte er, er setze seinen Kopf zum Pfande, daß er das ihm unterstellte Militär für die Räte-Republik gewinnen werde.

Nach Proklamierung der Räte-Republik wendete er sich sofort wieder der Gegenseite zu, rief die Freikorps des Generals Epp und die dem General Möhl unterstellten Nosketruppen nach Bayern und wurde so einer der Hauptschuldigen am Weißen Schrecken. In einem Standgerichtsprozeß in Würzburg bestritt er unter Eid, jemals mit den Räte-Republikanern gemeinsame Sache gemacht zu haben. Gegen den Münchner Redakteur Nutt, der Schneppenhorst Meineid vorwarf, strengte der Staatsanwalt Lieberich Klage an. Obwohl zahlreiche Zeugen, darunter der Verfasser, in dem Prozeß gegen Nutt unter Eid die oben wiedergegebene Erklärung des Militär-Ministers für die Räte-Republik bezeugten, wurde Nutt verurteilt. Mehrere Jahre später bekundete Schneppenhorst in einem Aufruhr-Verfahren gegen Hakenkreuzler unter Eid Belastendes gegen die Nationalisten. Hier hat er wahrscheinlich die Wahrheit gesagt: er wurde nämlich wegen dieser Bekundung, die als fahrlässiger Falscheid angesehen wurde, zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.