Leute höret die Geschichte die passiert ist in Berlin

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Leute, höret die Geschichte
die passiert ist in Berlin
wo gottlob Zensurgerichte
noch in stiller Größe blühn

Ganz besonders im Theater
kannst du finden ihre Spur
denn dort sorgt gleich einem Vater
unsre herrliche Zensur

Und auf allen seinen Schlichen
wird dem Bösen nachgespürt
was da schlecht, wird ausgestrichen
oder gar nicht aufgeführt

War da jüngst ein Diener Gottes
mit dem Namen Trümpelmann
der den Geifer seines Spottes
nicht für sich behalten kann.

Schrieb ein Festspiel über Luthern
statt ein frommes Predigtbuch
tat drin gegen Roma futern
und den Papst – das sagt genug

Auch auf Tetzeln tat er schimpfen
wegen seinem Ablasskram
tat die Nase freudig rümpfen
weil man einst sein Geld ihm nahm

Doch das ist noch nicht das Schlimmste
hochverehrtes Publikum
Spitz die Ohren, jetzt vernimmste
was mich macht vor Schrecken stumm

Denk dir nur: Zu Luthers Tagen
hat ein B e b e l schon gelebt,
der mit innigem Behagen
nach Humanität gestrebt.

Zwar hieß dieser Bebel H e i n r i c h
doch das ist wohl sonnenklar
und es ist auch höchstwahrscheinlich
dass er schlecht wie A u g u s t war

Diesen Bebel auf die Bühne
wollte bringen Trümpelmann
Wie ein Mensch nur solches kühne
Wagnis unternehmen kann.

Ach, was konnte nicht passieren
wär der Name durchgerutscht
Rote konnten applaudieren
oder hätten gar geputscht

Publikum, o sei nicht bange
die Zensur tat eine Tat –
aus dem B e b e l ward ein Lange
und gerettet war der Staat

Und wen dies Ereignis wundert
hat gelebt, doch nicht gedacht
denn im neunzehnten Jahrhundert
hat man´s herrlich weil gebracht.

Text: Verfasser unbekannt – in “ Der wahre Jacob „, Nr. 55, 1888 —
Musik: auf die Melodie von
In der großen Seestadt Leipzig

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Liederzeit: vor 1888 : Zeitraum:
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