Ich kann mirs unmöglich nit denken

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Ich kann mirs unmöglich nit denken
Was d´Herrn mit uns than anhebn
A Bauer sollt sich warla grad henken
So kam er doch weg vom Leben;
Stiftgeld kann er kaum zsammenbringen,
So fangen schon Neuheiten an
Sie than alle Teuxl aufbringen,´
Daß d´Herrschaft selbst nennen nit kann.

Ich brich und zreiß mr mein Schädl
Ich denk mr oft d´halbete Nacht
Ich red of von der Sach mit mein Gredl
Wie ich d´Steuer zsammbringa mag
Kan Pfleger, kau Omtmanu kons wissen,
Wies dort auf den Bürgel zugeht
Da werd wohl der Bauer zerrissen
Weils untern lateinischen steht.

Eh hon mr uns gleichwohl mit Spinnen,
Mit Tücher und Leinwendt gezogen
A Geldl derwerben a können
Jetzt sein mr halt agstachelt worden;
Der Stempel, der kost glei an Groschn
Wanns du nur kan Stempel nit host
Wie d´Schelm soins zrissen um die Goschen
Man nimmt dirs, wirst gar nit drum gfragt.

Jezt hon i mein Hamat ang´treten
Kon mr a nit gnu G´trati erbaun
Ist nix als a sagrische Fretten
Beim Fenster thut d´Noth auße schaun
An Kuh, zwo Gaßl, sechs Anten
Das Landl is oll mei Vermögen
Kann mich und d´ Kinder kam g´wanden
Sollt Steurung und Johrlohn a gebn.

Eh habn uns etwelch gute Brüder
A Gangi ins Barlond oft gwogt
A Kraxl Tobak trogt a jeder
Kan Fußgeher schreit mr nit noch
Jezt hat holt der Teuxel die Mäuthen
Kommt aner kam ausse vors Thor
So wollens an schon schneiden und häuten
Sie greifen in Sack an gor.

Wo mein ichs, koas an a Krist denken
A Geld, jetzt brauchet ich ans
Das Stehlen is verboten beim Henken
Und selbst mochen kon ich mr kaus
So will ich holt a mit mein Vatter
Den Schatzgraberhandl nachgehn
Zuletzt schmeißt uns der Teufel d´Blotter
Oft sein mr schon Sicher ollzween

Aus dem Mürztale: Schlossar, Steiermark Nr. 218
(Der verzweifelte Bauer) S. 245 nach Steinitz I S. 91f
Bauernklage

Liederthema:
Liederzeit: vor 1900 : Zeitraum:
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Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen: „Ich bin ein armer Bauer“ ist die älteste Bauernklage, die vom 17. bis ins 19. Jh. gelebt hat und in Resten noch in unserem Jahrhundert aufgezeichnet worden ist. Die älteste Fassung aus dem 17. Jh. heißt »Schwäbische Bauernklage“, und in Schwaben hat sich der Text am vollständigsten und am längsten erhalten — war das Lied doch noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Brauchtum verbunden (Spruch beim Pfingstritt). Dies ist sicher nicht zufällig. Die schwäbischen Kleinbauern befanden sich unter ihren zahllosen kleineren und größeren Herrschaften im 18. und... weiter lesen