Grob Hut macht man (Von mancherlei Hüten)

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Grob Hut macht man vor Zeiten
Von aller Färb mit Fleiß
Die trug man auf der Seiten
Auf niederländische Weis
Darunter ein Baretlein
Aufs linke Ohr gedruckt
Zu Lieb dem zarten Gretlein
Mit Perlen wohlgeschmuckt.

Solch‘ Art ist nun vergangen
Als man vor Augen sicht
Auf breit Hüt, weit umfangen
Jetzt Jedermann sich richt
Kein Spitzhut will nicht gelten
Ist an der Woll nicht gut
Die Schinhüt braucht man selten.
Als man im Sommer tut.

Klein Hüt mit langen Zotten
Ist jetzt der Böhmen Tracht
Sind hinten ganz verschroten
Von grober Woll gemacht
Badhüt mit rauhen Questen
Gebraucht man in dem Bad.
Die Judenhüt die besten
Stehn jetz im höchsten Grad.

Hüt macht man aus dem Eisen
Die geben Mannesmut
Die leppichten muß ich preisen.
Sind an dem Sturme gut
Helmlin und Pickelhauben
Gebraucht man in dem Streit
Bunthut von welschen Tauben
Die holt man ferr und weit

Die Rennhüt muß man haben
Zum Ritterschimpf allein,
Dienen nit den alten Knaben
Die welschen Hüt ich mein
Durchzogen viel mit Seiden
Seind sie zu Land nicht viel
Im Regen seinds zu meiden
So mans lang tragen will

Schlecht-Hüt sind überzogen
Mit Zendel hübsch und fein
(Ist wahr und nicht erlogen).
Die trägt man an dem Rhein
Auch macht man Hüt von Sembden
Sein spitzig wie ein Knauf
(Soll sich Niemand befremden) –
Kuhhirten tragens auf.

Zween Fingerhüt gebrauchen
Die Seidenstücker frei
Die Kürschner in dem Rauhen
Die Schneider auch darbei —
Dürfen nit mehr dann einen
Jungfrauen (ich auch meine)
Sind nütze stets die kleinen
An ihren Fingerlein,

Noch findt man Hüt von Haaren
Die sind der Haffart voll
Die will ein Jeder haben,
Wiewohl sie haben kein Woll
Doch Hab ich hören sagen
Sie seind zu Wärm gericht
Drum will ich auch ein‘ haben:
Wird mir gewähret nicht.

Text und Musik Verfasser unbekannt
in Bergkreyen 1536, Nr. 16. (Ausgabe von O. Schade)
Daher in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1774 „Von mancherlei Hüten“, ohne Melodie)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1536 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Grob Hut macht man (Von mancherlei Hüten)"

Erklärung:

  • 1, 5 Baretlein, eine Kappe, weiche Mütze von Sammet, meist mit breitem Deckel.
  • 2, 3 breite Hüte, mit großen breiten Krempen.
  • 2, 7 Schinhüt, Scheinhüt, wol Strohhüte gegen den Sonnenschein.
  • 3, 3 verschrotten, abgeschnitten.
  • 3, 5 Questen Quasten.
  • 4, 3 die leppichten, aus beweglichen Stücken zusammengesetzte Sturmhaube der Ritter.
  • 5, 1 Ritterschimpf, Ritterscherz, Ritterspiel, Turnier.
  • 6, 2  Zendel, vom mittellat. cenäalum, ein dünner halbseidener Stoff (nach O. Schade).
  • 6, 5 Sembden (Sammt), Simsen Strohgeflecht.
  • 7, 3 Rauh, Rauchwerk, Pelzwaren.
  • 7, 6 dürfen, bedürfen, brauchen.
  • 8, 6 zu Warm gericht. dienen zum Warmhalten.