Es kamen grüne Vögelein
geflogen her vom Himmel
und setzten sich im Sonnenschein
im fröhlichen Gewimmel
all an des Baumes Äste
und saßen da so feste
als ob sie angewachsen sei´n

Sie schaukelten in Lüften lau
auf ihren schwanken Zweigen
Sie aßen Licht und tranken Tau
und wollten auch nicht schweigen
Sie sangen leise, leise
auf ihre stille Weise
von Sonnenschein und Himmelsblau

Wenn Wetternacht auf Wolken saß
so schwirrten sie erschrocken
sie wurden von dem Regen naß
und wurden wieder trocken,
Die Tropfen rannen nieder
vom grünenden Gefieder
und desto grüner wurde das

Da kam am Tag der scharfe Strahl
ihr grünes Kleid zu sengen
und nächtlich kam der Frost einmal
mit Reif es zu besprengen.
Die armen Vöglein froren
ihr Frohsinn war verloren
ihr grünes Kleid ward bunt und fahl

Da trat ein starker Mann zum Baum
und hub ihn an zu schütteln
vom oberen bis zum unteren Raum
mit Schauer zu durchrütteln
Die bunten Vöglein girrten
und auseinander schwirrten
wohin sie flogen, weiß man kaum

Text: Friedrich Rückert , 1823 (1788-1866)
Musik: Joseph Gernsbach (1787-1830)

in: Deutscher Sang (1903) — Was die deutschen Kinder singen (1914 , hier Textangabe Ludwig Uhland ) — Lieder für höhere Mädchenschulen (1919)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1830 : Zeitraum: