Ob neuer Untat klagt entsetzt die Menschheit im Westfalenland

Ob neuer Untat klagt entsetzt
Die Menschheit im Westfalenland.
Entehrt, gemordet, fleischzerfetzt
Von eines Wüstlings Mörderhand
so ward beim Gang zum Gotteshaus
Das Opfer ins Gebüsch geschleift,
Ein Mägdlein zart, – das Herz ergraust –
Zur Jungfrau kaum herangereift

Nun auf, ihr Toten zum Gericht!
Wohl mag Gott säumen in Geduld
Doch glaubt, der Rächer schlummert nicht
Und nie bleibt ungestraft die Schuld
Die Hölle selbst zu Fall ihn bringt
Sie hetzt von Tat zu Tat ihn fort
Und wenn ihm auch die Flucht gelingt
Sie treibt ihn an von Mord zu Mord

Dann aber tönt aus Himmels Höh
Der Racheruf: „Zum Hochgericht!“
Und aus den Gräbern tönt das Weh
Wie wenn das Herz in Ängsten bricht
Da tut sich weit der Abgrund auf
Wie Geisterruf: Die Stunde naht!
Nun Mörder hemme deinen Lauf
Die Strafe folgt der Missetat!

Fort aus der Menschheit sei verbannt
Das Tier steht hoch noch über dir,
Hat seinesgleichen stets erkannt
Drum sei verfluchet dort und hier
Vernichtet sei dein freches Hirn
Das Wollust nur und Mord ersann
Herunter mit der frechen Stirn
Gescheh dir nun, wie du getan!

Hinauf, hinauf zum Hochgericht! –
Was zaudert noch des Mörders Fuß?
Wir zünden an das Totenlicht
Die Hölle schmückt sich dir zum Gruß
Nun bücke dich und fasse Mut
Es blinkt das Beil, der Menge graut’s
Ein Blitz, ein Schlag, hoch springt das Blut
Wir sind gerächt! – Hoch Meister Krauts!

Nun fliege fort von Stadt zu Stadt
Von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus
Du von der Untat redend Blatt
Und wecke Abscheu, Scham und Graus
Verfolge auch der Mörder Spur
Die diesem gleich, noch unentdeckt
Sich bergen, doch so lange nur
Bis das Gericht sie donnernd weckt.

Zieht mit ihr Opfer, nah und weit
Zeigt eure Wunden klagt und zeugt
Bei Hildesheim die junge Maid
Dess Tod der Eltern Herz gebeugt
Und noch viel andre Morde sind
Von gleicher Art, noch unentdeckt
Zieh mit du Geist vom jungen Kind
Dass sich vor dir dein Mörder schreckt

Verfolgt, verfolgt der Mörder Spur,
Gönnt ihnen nimmer Ruh, noch Rast,
Bis sie, wie diese Unnatur
Der Rächerarm des Henkers faßt.
Zeigt eure Qual, zeigt eure Wunden
Ihr Opfer und ihr, Mörder, schaut’s!
Bis sie entdeckt, bis sie gefunden
Halt scharf das Richtbeil Meister Krauts

Fliegendes Blatt, Buchdruckerei von Fr. Rodewald in Hannover, um 1880
in Bänkelsang (1985)

„Außer diesem sind in meinem Verlage stets die neuesten Volkslieder, sowie die Beschreibungen der neuesten Zeitereignisse zu haben und bitte ich, diese in spannender veredelnder Form geschriebenen Geschichten nicht mit jenen völlig Wertlosen aus Berlin – Schwiebus und anderen Orten hier inkolportierten, zu verwechseln, da jene auf die Bildung des Volkes nicht die mindeste Rücksicht nehmen. Man wolle beim Angebot stets darauf sehen, ob die Sachen mit meinem Namen bedruckt sind. (Buchdruckerei von Fr. Rodewald in Hannover)“