O du verfluchtes Baurengeschlecht
vergift’te Natterschlangen
meinst nut, man habe billigs Recht
mit dir ein Streit anz’fangen
Du grober Knoll, du Unverstand
bist du nit ein Bärnhüter?
du hast gehandlet, ’s ist ein Schand
glich wie des Tüfels Rüter
Was ist der Schölmen Bauren Lohn?
wie soll man sie traktieren?
von Streuer g’macht ein schöne Kron
ihr Haupt damit zu zieren.
Was sagst du, schöner Pannerheer
du Edelgstein der Bauren
—–
ietz ligst wol in der Mauren!
Vom Meister wirst du g’macht zum Knecht
ein schöner Pannermeister!
dem Meister Baltz g’hört auch sin Recht
umb sölche hoche Geister!
Du grober Steiner, du grober Gsell
du grober Ruodi Stürmli
ein Strick, nit länger als ein Ell
ist gut für solche Würmli
Wer Fridli heißt, muß fridli sin
sonst ist sein Nam vergeben
wär Fridli Bucher fridli gsin
und fridsam in sim Leben!
Dem Schultheiß gab er bösen Bscheid
ganz frech ganz unbesunnen
der Galgen ist dir schon bereit
die Schuld gib diner Zungen
Den Tod hast ausgestanden schon
du starker Krummenacher
din Stärke gab dir diesen Lohn
ietz ruow auf dem Gottsacher
jetz schwing ietz ring ietz stoß den Stein
der Tod hat dich gewunnen
dem Tod ist weder Groß noch Klein
keiner niemol entrunnen
Oberster Amstein ihr Strengheit
groß die Ehr stellt auf ein Seiten
Gnad ist daß Ihr werdt g lassen los
und auf dem Meer könnt reiten
Du Gundelinger du richer Bur
din Richthumb hast verfallen
ietz luog du süeß oder sur
ietz bitter wie ein Gallen
Dir Holderen Bur dir Hans Amrein
dir hat man Guts gerathen
das Fleisch ist besser als das Bein
bist auch ein feißer Braten
Du Krienser Vogt du falscher Mann
luog recht mit dinen Augen
wil du nit bist ein Bidermann
dem Meister Baltz thust taugen
Du Lötscher bist auch in der Zal
der auserwölten Bauren
din Wohnung ist der Kätzer Saal
wer will mag umb dich trauren
Herr Christoph Wäber ist siner Pfar
mit Recht und wol vorg standen
er taugt zur Galioten Schar
in wilde frönde Landen
s. Band 1, S. I.VI – I. VIII und S. 47
DVA GR II: Bauernkrieg in der Schweiz
aus Tobler: Schweizerische Volkslieder Band I, S. 125 (1882)
Liederthema: Bauernlieder
Liederzeit vor 1525 - Zeitraum: 1524-1526: Bauernkrieg
Stichwort: Bauernkriege • Orte: Schweiz
Anmerkungen:
Das obige Stück ist aus der Bd I S LVII b angegebenen Quelle geschöpft, aber nur mit Auswahl, immerhin so, dass es in der obigen Gestalt ein leidliches Ganzes bildet: Str 1 – 15 des Originals haben den a. a. O. kurz mitgetheilten Inhalt. In Str 16 wird bei Anlass der Zerstörung des Vogelherds auf dem Gütsch der Hauptführer der Bauern Schibi genannt, Str 17 – 18 sind unsere obigen 1.2., 19 – 20 verheißen Strafe für das Verbrechen, 21 – 22 enthalten nichts Wesentliches, Str 23 = 3 oben, In Str 24 = 25 werden weitere Strafen an gegeben, z. B. „Ein Zepter von eim Munnithier (Zuchtstier), mit dem soll man sie ehren“ u. s. w., Str 26 – 37 unsere obigen Str. 4 – 15, Str. 38 ist nur Einleitung zu 39, Str. 16 oben. In Str. 40 – 45 werden noch mehrere Mitschuldige genannt, darunter noch zwei Geistliche, einer Namens Moli, der bald mit den Bauern, bald mit den Herren hielt. Die letzten Strophen 46 – 52 sprechen den Wunsch aus, dass Luzern sein Licht wie vormals leuchten lasse und sein Regiment behaupte. Der in Str. 4 – 5 besprochene Pannerherr war Joh. Emmenegger. Über ihn und die meisten der im Gedicht genannten Bauernanführer findet man nähere Angaben bei C. Pfyffer Geschichte von Luzern I 336 – 342, 386
Textvarianten:
- Des Tüfels Rüter = berittener Trabant, Vorreiter
- von Streuer g’macht = Streu, Stroh; wahrscheinlich nach dem Plural Spreuer, Spreu, gebildet
- Meister baltz = Balthasar, appellativ = Scharfrichter
- hoche = hochfliegende, aufstrebende
- Würmli = Wurm im Sinne von Schlange (vgl. 1, 2) oder: Ungeziefer.
- Fridli Bucher = s. Bd. I, S. 106.