Ich habs gewagt mit Sinnen (von Hutten)

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Ich habs gewagt mit Sinnen
Und trag des noch kein Reu
Mag ich nit dran gewinnen
Noch muß man spüren Treu
Darmit ich mein
Nit eim allein
Wenn man es wollt erkennen
Dem Land zu gut
Wiewohl man tut
Ein Pfaffenfeind mich nennen

Da laß ich jeden liegen
Und reden was er will
Hätt Wahrheit ich geschwiegen
Mir wären Hulder viel
Nun hab ichs gsagt
Bin drumb verjagt
Das klag ich allen Frummen
Wiewohl noch ich
Nit weiter flich
Vielleicht werd wiederkummen

Umb Gnad will ich nit bitten
Dieweil ich bin ohn Schuld
Ich hätt das Recht gelitten
So hindert Ungeduld
Daß man mich nit
Nach altem Sitt
Zu Ghör hat kummen lassen
Vielleicht wills Gott
Und zwingt sie Not
Zu handlen diesermaßen

Nun ist oft diesergleichen
Geschehen auch hie vor
Daß einer von den Reichen
Ein gutes Spiel verlor
Oft großer Flamm
Von Fünklin kam
Wer weiß, ob ichs werd rächen
Staht schon im Lauf
So setz ich drauf
Muß gahn oder brechen

Darneben mich zu trösten
Mit gutem Gwissen hab
Daß keiner von den Bösten
Mir Ehr mag brechen ab
Noch sagen, daß
Uff einig Maß
Ich anders sei gegangen
Dann Ehren nach
Hab diese Sach
In gutem angefangen

Will nun ihr selbs nit raten
Dies frumme Nation
Ihrs Schadens sich ergatten
Als ich vermahnet han
So ist mir leid
Hiemit ich scheid
Will mengen baß die Karten
Bin unverzagt
Ich habs gewagt
Und will des Ends erwarten

Ob dann mir nach tut denken
Der Kurtisanen List
Ein Herz laßt sich nit kränken
Das rechter Meinung ist
Ich weiß noch viel
Wölln auch ins Spiel
Und solltens drüber sterben
Auf, Landsknecht gut
Und Reuters Mut
Laßt Hutten nit verderben

Text: Ulrich von Hutten (1521)
Musik: Verfasser unbekannt
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 264)

Böhme merkt an im Liederhort: „Eine Melodie zu diesem berühmten Liede Huttens hat sich nicht gefunden. Zum Versbau passt nicht die vom ähnlich anfangenden Liebeslied: „Ich habs gewagt, du schöne Magd, in echter Lieb und Treue“ (Umdichtung in Winnenbergs Reuterliedern Nr. 3). — Zu zweifeln ist, ob Huttens Gedicht subjektiven Inhalts überhaupt gesungen wurde, vermutlich ists bloß gelesen und gesagt worden.“

Liederthema:
Liederzeit: vor 1521 :

Anmerkungen zu "Ich habs gewagt mit Sinnen (von Hutten)"

Fliegendes Blatt, am Ende „gedruckt im Jar XXI.“  Bragur VN, 2,95; Uhl. 350 ; Gödeke-Tittmann, Liederb. S. 273; v. Liliencron, hist. VL. Nr. 349. Wackern. III, 460. —

Worterklärungen:

  • 2, 4 Hulder, Gönner.
  • 2, 7 flich, fleuch, fliehe.
  • 3, 6 der Sitt, statt die Sitte.
  • 4, 5 der Flamme, statt die Flamme.
  • 5, 5 uf einig maß, in irgend welcher Weise.
  • 6, 2 dies statt diese.
  • 6, 3 sich ergatten, sich erholen.
  • 6, 6 Viele mischen schon besser die Karte zum neuen Spiel (Kampf) .
  • 7, 2 Kurtisanen, Höflinge.