Es stand ein Lind im tiefen Tal
War oben breit und unten schmal
Gar oben saß Frau Nachtigall
Und andre Vöglein in dem Wald
Ach Nachtigall. Waldvögelein
Zeig mir dein weißes Federlein
Zeig mir sie weiß, zeig mir sie rot
Lebt mein Lieb, oder ist er tot
Er lebt nicht mehr, sie hab’n erschlagn
Sein Grab soll edle Rosen trag’n
Und edle Rosen und ander gut Kraut
Hält ich mei’m schön Lieb nie vertraut
Viel zu vertraun ist selten gut
Die Knaben tragen ein falschen Mut
Ein‘ stolzen Mut und falschen Sinn
Betrügen manches Mägdlein schön
Und wenn sie es betrogen ho’n
So lassen sie’s in Spott und Hohn.
Die jungen Knaben die halten ihr Wort
Gleich wie der Wind jagt Federn fort
Aber junge Mägdlein, die halten ihr Wort
So, wie der Wind keinen Stein bringt fort
Text und Musik: Verfasser unbekannt
in deutscher Liederhort II (1893, Nr. 414 „Die Nachtigall bringt Trauerbotschaft“)
Kuhlandisch: Meinert, 1817, Nr. 120. Original:
„Dos stound sen a Lindl aim tife Thal
woer ounde beraet onn uobe schmol“
(Abdruck: Mittler 336)