Dich sanfter Jüngling liebt mein Herz

Laura's Lied

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Dich sanfter Jüngling liebt mein Herz

Dich, hoher Jüngling, liebt mein Herz
Und muß es tief verhehlen
O, könnte dir’s ein Lüftchen nur
Ein sanftes Lüftchen meiner Flur
Im Abendhauch, erzählen

Es sollte, wenn der Hain verstummt
Und wenn Diana lüstern
Durch deine Buchenzweige schaut
Wie ein verwehter Herzenslaut
Um deine Laube flüstern

Es sollte deinem Atemzug
Im Frühlingsduft begegnen
Und Blüten, hell, wie Mondenlicht
So leise, wie die Liebe spricht
Auf dich hernieder regnen

O, schweigend ruhe dann das Spiel
Der lauen Abendwinde
Daßssein betautes Blütenblatt
Die Stelle seiner Lagerstatt
An deinem Herzen finde

Dann würde dir dies sanfte Bild
Vielleicht die Seel‘ erschüttern
Und eine liebende Gestalt
Von säuselndem Gezweig‘ umwallt
Durch deine Laube zittern

Umfangen würde dich vielleicht
Ein wunderbares Ahnen
Es würd‘ an den Platanengang
Voll Ruh und Nachtigallgesang
Dich die Erscheinung mahnen

Dort sah ich dich: und plötzlich war
Mein Blick, mein Herz umfangen
Das Lied auf meiner Lippe schwieg,
Und eine helle Röte stieg
Mir heiß auf beide Wangen

Die schönsten Blüten flatterten
Um dich, wie goldne Horen
Dich sah ich nur, dich dacht‘ ich nur
Verschwunden war mir die Natur
Ich selbst in Nacht verloren

Text: Christoph August Tiedge
Musik: K. G. König (1780)
Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1784 : Zeitraum:

Anmerkungen zu "Dich sanfter Jüngling liebt mein Herz"

Aus einer zeitgenössischen Erzählung:

„Sie sang das gefühlvolle Lied „Dich sanfter Jüngling liebt mein Herz ….“ mit solcher Empfindung, mit solchem Ausdruck, als sich nicht beschreiben lässt. O Himmel wie wurde ich ganz Ohr, ich neigte mich so weit ich konnte zum Fenster hinaus um nur nichts verfehlen. Ich wäre nicht ermüdet, diese süße Musik anzuhören…“
(Attische Morgen, von A. R., Braunschweig, 1791)