Wir leben wie die Sklaven
hier auf der Ziegelei
wenn andere Leute schlafen
ist unsre Nacht vorbei
Des Morgens um halb viere
der Brenner kommt ins Haus
und ruft laut: Kaffeetrinken
Zum Bett muß alles heraus
Jetzt geht es an das Suchen
der Strümpfe und der Schuh,
und manches leise Fluchen
hört man auch oft dazu.
Dann geht es an den Kaffeetisch
hat auch nicht lange Zeit,
denn draußen vor der Türe
steht der Meister schon bereit
Jetzt fängt man an zu wandern
mit der Karre hin und her
der eine spricht zum andern
ob’s nicht bald Frühstück wär
Die ersten Stunden vorm Frühstück
die fallen dem Magen so schwer
sind die erst überwunden
die andern kriegt er schon her
Des Mittags um zwölfe
dann geht’s an den Erbsentisch,
dann gibt’s ne Stunde Pause,
da wird man wieder frisch
Und sind die Erbsen angebrannt
zwei fingerdick am Rand
sie sollen wohl bekommen sein,
der Hunger treibt alles hinein
Schwelentrup, Lippe, 1949 aufgezeichnet von Wilhelm Hansen
Der große Steinitz Nr. 125 A + B
Anmerkungen zu "Wir leben wie die Sklaven hier auf der Ziegelei"
vergleiche auch Wehrhan: Das lippische Zieglerlied. Zeitschr. f. rhein. u. westfäl. Volkskunde 24, 1927, 165 – 172, wo allerdings nur ein als fliegendes Blatt um 1880 erschienenes Spottlied mit 18 achtzeiligen Strophen behandelt wird, das keinen einzigen Vers mit den hier angeführten lippischen Zieglerliedern Nr. 124 B und 125 gemein hat. Die Str. 1- 2: „1. . . . die Meister werd ’n alle Tage dreister.“ und „2. . . . die Lipper werd’n alle Tage dicker“ haben jedoch in den anderen Varianten des Liedes Nr. 124 Entsprechungen (s. S. 302) und sind offenbar von dort übernommen.
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