Was braust du über die Felsen
du schaumbekränztes, du tolles Kind?
Was eilst du ohne Rast und Ruh
aus den dunklen Bergen der Ebene zu?
Deine Wogen sie singen und rauschen im Traum
und achten der schönen Heimat kaum.
Halt ein! Du ungestümer, du junger Rhein!

Das Waldesdunkel, das Maiengrün
die Bäume, die schimmernd am Ufer blühn,
der blaue Himmel, die klare Luft
so frisch und so würzig von Frühlingsduft,
sie sprechen verlockend und kosend zu dir
„Geh nicht in die Fremde, o bleibe hier!“
Halt ein! Du ungestümer, du junger Rhein!

O eil nicht schäumend von Ort zu Ort
aus der bergigen Heimat zur Fremde fort,
wo an deinen Ufern der Kampf entbrennt
und bebend man deinen Namen nennt!
Hier ahnst du noch nichts von Schlacht, von Tod
kein Blut färbt noch hier deine Wellen rot.
Halt ein! Du ungestümer, du junger Rhein!

Text: Erzherzogin Valerie von Österreich
(22. April 1868 in Ofen, Ungarn; † 6. September 1924 in Wallsee)
Musik: Wilhelm Heiser