Noch weiß ich eins das mich erfreut

Du Schatz ob allen Schätzen

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Noch weiß ich eins, das mich erfreut
Das mag mir niemand entleiden
Jetzt freu ich mich der Maien Zeit
Der Blümlein auf breiter Heiden
Ich bin durchzogen manche Land
Der Blumen gleich ich nindert fand
Die mir ganz all mein Trauren wandt
Du Schatz ob allen Schätzen

Die Blum ist hübsch und darzu fein
Das tun ich euch bekunde
Sie hat zwei braune Äugelein
Und einen roten Munde
Sie liebt mir vor allen Weiben
Sollt ich mein Zeit mit ihr vertreiben
Ihr steter Diener wollt ich bleiben
Du Schatz ob allen Schätzen

Ei, wie hastu mich so herziglich
Mit deiner Lieb umfangen
Dass ich kein Ruh mag han ohn dich
Zu dir steit all mein Verlangen
O Blum, du edle Wolgemut
Gedenk, wie wehe scheiden tut
Mach mir mein Herze wohlgemut
Du Schatz ob allen Schätzen

Ich gehn so oft bis daß ich kumm.
Mein Augen dich zu sehen
Darnach freut sich mein Herz und Mund
Wenn er zu dir soll jehen
Für dich mich Niemand freuen tut
Dein eigen ist mein Leib und Gut
O Blum, du edle Wohlgemut
Du Schatz ob allen Schätzen.

Ob zu dir komm des Klaffer Mund
Wöllt mich gegen dir schelten
So bitt ich dich, Blum, zu aller Stund
Laß mich das nicht entgelten
Halt du dein Treu, nicht an mir brich
Es ist gewiß was ich dir versprich
Darum soll Niemand wenden mich
Mein Schatz ob allen Schätzen

Gern wollt ichs tun, wohl ich nicht kann
Allzeit nach deinem Willen
Das merket weder Frau noch Mann
Und blieb ganz in der Stillen
Wenn ich erkenn das Herze dein
Als ich jetzund erkenn das mein
So wüßt ich, dass mich hältst allein
Du Schatz ob allen Schätzen.

Wer mich solch’s hieß, dass ich dich ließ
Tät mir keins Guten günnen
Der meinen Treu bist du gewiß
Mit dir will ich von hinnen
Alles das, das dein Herz begehrt
Bist du edel Blum von mir gewährt
Zu gute Nacht, eh man uns hört
Du Schatz ob allen Schätzen

Text: Verfasser unbekannt
auf einem Fliegenden Blatt „Zwey schöne Lieder“ (das 1.). Gedrückt zu Nürnberg durch Jobst Gutknecht, (ca. 1515— 1535).
Musik: In dem Ton: Dein Murren macht, dass ich eins. Die Melodie dazu war vermutlich „Sie gleicht wohl einem Rosenstock„, von mir zum „Heideröslein“ gesetzte; denn ähnlicher Textanfang lässt solches schließen.
in Deutscher Liederhort II (1893, Nr. 425)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1535 : Zeitraum:
Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Der älteste Hinweis auf dieses Lied steht auf einem Einzeldruck Nürnberg, Kunigund Hergotin, (ca 1530) mit der Überschrift: „Ein preißlied göttlichs Worts …“ In dem Thon als man singt: So weiß ich eins das mich erfreut, das Blümlein auf Breiter Heide…

„Unverkennbar war unser Lied hier das Vorbild zu Goethes Dichtung: „Es sah ein Knab ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden“. Goethe muß dieses alte oder ein ähnliches Volkslied des 16. Jahrhunderts gekannt haben, bevor er sein Lied dichtete, denn ohne dieses Vorbild wäre die Übereinstimmung im Refrain und in der Allegorie (das geliebte Mädchen einem Heideröslein zu vergleichen) und sonst mehrfache wörtliche Gleichheit nicht denkbar.

Das Bild vom Rosenbrechen durch einen Knaben wird hier nicht durchgeführt, wie solches Goethe getan hat. Unser Volkstext braucht sich vor Goethes Nachbildung nicht zu verstecken. Es ist um den neckischen, fröhlichen Ton reicher, als Goethes Text mit seinem dramatischen Aufbau und seiner Zweideutigkeit. (Böhme, Deutscher Liederhort II, 1983, Nr. 426)