Was die Gewerkschaft will (Gewerkschaftsgebote)

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Was die Gewerkschaft will, daß suche zu begreifen;
hast Du´s erreicht, sorg’ auch, daß andere reifen
zu gleichem Wissen und zu gleicher Tat-
sonst bleibt Dein Wissen ungenützte Saat!

Mit Schimpfen ist am Weltenrand nicht viel zu feilen;
die Tat nur hilft, drum darfst du nie verweilen
beim unfruchtbaren Hadern und beim Räsonieren-
wer vorwärts will, muß seine Beine rühren!

Pünktlich den Beitrag zahlen ist eine gute Sach’
gehört zu dem Verband wie zu dem Haus das Dach;
doch wie ein wertvoll’ Haus auch einen Hüter braucht,
der es beschirmt und schützt, wenn Unheil es umfaucht,

so sei zu der Bewegung Schutz und Wache:
Stell deinen ganzen Menschen in den Dienst der Sache!
Sei nie ein Mitglied nur aus Eitelkeit,
sei vielmehr eingedenk zu jeder Zeit

daß es die Allgemeinheit ist, die für dich tätig ist,
und daß du als Einzelner ein Teil des Ganzen bist!
Mißtrauen – lehrte man – sei gut und tugendhaft;
doch übertreibe nie, sonst schwächst du unsere Kraft,
am besten läßt ein festes Haus sich bauen,
wenn sich Vertrauen findet zu Vertrauen!

Künd nicht auf offenem Markt dein Wissen, deine Schläue,
du wirfst sonst allzu oft die Perlen vor die Säue;
wo du für unseren Bund willst frisch die Trommel rühren,
sie dir die Leute an – es muß sie interessieren!

Verspreche nie zu viel, bleib immer bei der Wahrheit,
nur so verbreitest du Zielsicherheit und Klarheit;
Wer allzuviel verspricht ist nie ein guter Sänger,
er gleicht in seinem Tun dem falschen Rattenfänger.

Nur wenn das Wort sich deckt mit der Vollendung,
nur dann erfüllt sich Deine gute Sendung!
Was man dir sagt, das suche auch zu wägen,
nicht jede Rede ist ein lautrer Segen;

wohl wird ein Redner oftmals hochgeehrt,
hätt’ er geschwiegen wär’s das Gleiche wert.
Drum ist bahnweisende Kritik kein böses Laster,
Doch hüte dich – sei nie ein Kritikaster!

Verachte stets den bösen Zwang, erwecke Neigung;
du wirst am besten nur durch Überzeugung.
Die wahre Kraft – dies achte früh und spät –
gibt nur die freie Solidarität!

Beim Werben kann man oftmals Unmut hören,
doch läßt durch Grobheit sich kein Mensch bekehren;
drum sieh in dem, der uns nicht zugehört,
den Kameraden., der nicht aufgeklärt.

Such ihn mit Liebe für uns zu gewinnen,
du änderst bald sein Denken und sein Sinnen,
und dann hast du, eh noch viel Zeit verronnen,
ein neues Mitglied dem Verband gewonnen!

Text: A. S.
in: “ Der Textilarbeiter „, Nummer 13, 29. 3. 1918

 

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Liederzeit: vor 2018 : Zeitraum:
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