CHOR DER GEFANGENEN
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben!
Der Kerker eine Gruft.

ERSTER GEFANGENER
Wir wollen mit Vertrauen
Auf Gottes Hilfe bauen!
Die Hoffnung flüstert sanft mir zu:
Wir werden frei, wir finden Ruh

ALLE ANDEREN
O Himmel! Rettung! Welch ein Glück!
O Freiheit! Kehrst du zurück?

ZWEITER GEFANGENER
Sprecht leise! Haltet euch zurück
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick

ALLE
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. –
O welche Lust, in freier Luft
Den Atem leicht zu heben!
Nur hier, nur hier ist Leben.
Sprecht leise! Haltet euch zurück!
Wir sind belauscht mit Ohr und Blick. –

Text: Joseph Sonnleithner, Stephan von Breuning und Georg Friedrich Treitschke
Musik: Ludwig van Beethoven, aus Fidelio (1805)

Inge Lammel berichtet über ein Konzert während der NS-Diktatur, bei dem der „Männerchor Berliner Liederfreunde 1879″, ein ehemaliger Arbeitergesangverein, mit einem „bürgerlichen“ Programm auftrat. Beim Gefangenenchor aus Beethovens „Fidelio“ gab es so stürmischen Beifall, dass die Machthaber „sicherlich nicht zu Unrecht“ eine politische Demonstration vermuteten und dem Chor jede weitere Betätigung untersagten (Lammel 1984, S. 204 f.). (Gisela Probst-Effah)