Immer seh ich dich (ciagle widze cie)

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Immer seh ich dich in goldnen Nebelstrahlen
immer will ich bei dir sein in meinen Gedanken
Wo sind all die Wiesen und die grünen Wälder
dort ist meine Liebe, da fing alles an.

Aber heut ist Krieg, grausig schlimme Zeit
Wo bist du nur, Liebste, sag es mir!
Hinter Stacheldrähten denk ich hier an dich
und an eine Rückkehr glaube ich auch nicht

Mama, liebe Mama, bete viel für mich
ich will endlich heimkehr´n und zu Hause sein
Dort, wo unser Haus steht, an dem Bergeshang
nehm ich dich in den Arm, und ich drück dich stark
stark, und nicht so schwach, wie ich in Dachau war.

Text: Stanislaw Maslo, KZ Dachau, 1943
Musik: nach dem Lied „Wo de Ostseewellen trecken an den Strand“
Übersetzung: Doris Radojewski

Liederthema: ,
Liederzeit: vor 1943 : Zeitraum:
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Geschichte dieses Liedes:

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen:

Unter der Überschrift: “Mine Heimat” wurde das Gedicht „Wo de Ostseewellen trecken an den Strand“ von Martha Müller-Grählert zum ersten Mal 1907 in den “Meggendorfer Blättern” veröffentlicht und in Zürich von dem aus Thüringen stammenden Schreiner, Dirigenten und Mitglied eines Arbeiterchores Simon Krannig (1910) vertont. Dieser hatte den Text von einem wandernder Glasergesellen aus Flensburg bekommen, der den Zeitungsausschnitt aus den „Meggendorfer Blättern“ bis nach Zürich brachte.

Das Lied ist heute unter dem Titel “Wo die Ostseewellen trecken an den Strand” weit über Deutschland hinaus bekannt. Das Lied diente als Sehnsuchtslied in die Heimat während der nationalsozialistischen Diktatur in Konzentrationslagern mehrfach als Vorlage für neue Lieder, so z.B. in Dachau, Esterwegen und Auschwitz.

Was für ein Hohn, dass heute ausgerechnet die Nachdichtung „Wo die Nordseewellen ziehen an den Strand“ des überzeugten Nationalsozialisten und Judenhassers Peter Fischer-Friesenhausen (1886-1960) aus Soltau bekannter ist als das Original.

Hinzu kommt, dass Fischer-Friesenhausen sich das Lied aneignete, ohne auch nur einen Pfennig an die beiden Verfasser zu bezahlen. Es dauerte ein Vierteljahrhundert bis Martha Müller-Grählert und Simon Krannig 1936 in einem Urheberrechtsprozess Tantiemen zugesprochen wurden! Doch ehe die Regelungen des Urteils rechtskräftig wurden, starb Martha Müller-Grählert am 18. November 1939 fast erblindet, arm und einsam im Altersheim Franzburg bei Stralsund. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof in Zingst mit der Inschrift: „Hier is mine Heimat hier bün ick to Hus“.