Die löbliche Gesellschaft zwischen Rhein und der Mosel

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Die löbliche Gesellschaft zwischen Rhein
Und der Mosel allzeit rüstig sein
Nach Unfall sie nicht fragen
Das Terich hin und her
Längs durch und die quer
Zu Fuß und Pferd durchjagen
Frisch sie es wagen
Kein Scheuen tragen

Über hohe Berg und tiefe Tal
Fallen sie oftmals wie ein Strahl
All‘ Weg ohn Weg sie finden
In düstrer Nachteszeit
Wann schlunen andre Leut
Sie alles fein aufbinden
Ohn Licht anzuzünden
Bleibt nichts dahinten

Löffel der weiß gar fein auszusehn
Wo irgend in einem Gfar Klebis stehn
Wenn’s wär auf zwanzig Meilen
Beim hellen Mondenschein
Die Gleicher insgemein
In einer kurzen Weilen
Sie übereilen
Und redlich teilen.

Battrowitz der alcht zur Hintertür hinein
Bobowitz satzt sich hinter ein Haufen Stein
Mit den andern Gesellen
Den Quien ruft er klug
Und brockt ihm Lehm genug
Daß sie nicht sollen bellen
Bis aus den Ställen
Die Klebis schnellen

Wenn sie nun haben die Hautzen-Roß
So reiten sie nach dem neuen Schloß:
Ist Jemand, der will kaufen?
Der Putzjakala
Ist müd und liegt da
Weil er sich lahm gelaufen
Schier nicht kann schnaufen
Drum will er saufen.

Herr Wirt, nun so laß uns lustig sein
Lang mir den Glestrich vom besten Wein
Um Drulmeß darfst nicht sorgen!
Eine halbe gute Nacht
Uns all‘ zu Sontzen macht
Du kannst ja uns bis morgen
Die Irtin borgen
Der Hautz muß sorgen.

Ist das nicht wunderlich Gesind
Daß der Hautz sein Schuh mit Weiden bindt
Und a die Zech muß zahlen
So lang er hat ein Kuh
Die Klebis auch dazu
Die Rappen mit dem Fohlen
Wir allzumalen
Durch Giel vermahlen.

Text und Musik: Philander von Sittewald – in „Wunderliche und wahrhaftige Gesichte“ 2. Teil, 1677
Schilderung des Treibens der Gauner (Gaudiebe, Landstreicher) an der Mosel mit Benutzung ihrer eigenen Gaunersprache – Philander von Sittewald, das ist Johann Michael Moscherosch.

in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1587, „Auf die löbliche Gesellschaft Moselsar“, ohne Melodie)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1677 : Zeitraum:
Orte:

Abweichungen im Text

Der Text anders in „Des Knaben Wunderhorn“ (1810)

Die löbliche Gsellschaft zwischen Rhein
Und der Mosel allzeit rüstig sein
Nach Unfall sie nichts fragen
Das Terich hin und her
Langes durch und die quer
Zu Fuß und Pferd durchjagen
Frisch sie es wagen
Kein Scheuen tragen

Über hohe Berg durch tiefe Tal
Fallen sie oftmal ein wie der Strahl
All Weg ohn Weg sie finden
Zu düstrer Nachteszeit
Wann schlunen ander Leut
Sie alles fein ausbinden
Ohn Licht anzünden
Bleibt nichts dahinden

Laffel der weiß gar fein auszusehn
Wo irgend in eim Gfar Klebis stehn
Wanns wär auf zwanzig Meilen
Beim hellen Mondeschein
Die Gleicher insgemein
In einer kurzen Weilen
Sie übereilen
Und redlich teilen

Battrawitz der alcht zur Hintertür hinein
Bobowitz setzt sich hinter ein Haufen Stein
Mit den andern Gsellen
Den Quien ruft er klug
Und brockt ihn Lehem gnug
Daß sie nicht sollen bellen
Bis aus den Ställen
Die Klebis schnellen

Wann sie nun haben die Hauzenroß
So reiten sie nach dem neuen Schloß
Ist jemand der will kaufen
Der Puzjacala
Ist müd und lieget da
Weil er sich lahm gelaufen

Anmerkungen zu "Die löbliche Gesellschaft zwischen Rhein und der Mosel"

Die löbliche Gesellschaft „Moselsar“ stiehlt Klebis (Pferde): während ein Gleicher (Genosse) dem Quien (Hund) Lehm einbrockt (Brot gibt), damit er nicht bellt, holen die anderen die Hautzen-Roß (Bauernperde) aus den Ställen. Und hernach leben sie wie Sontzen (Edelleute).

Erklärungen:

  • 1. 4 Terich = Land
  • 2, 5 schlunen = schlafen
  • 3. 2 Klebis = Pferde.
  • 3, 5 Gleicher = Mitgesellen
  • 4, 1 alcht = geht
  • 4, 4 Ouien = Hund
  • 4, 5 Lehm = Brot
  • 5, 1 Hautzen = Bauer
  • 6, 2 Glestrich = Glas
  • 6, 3 Drulmeß = Pfennige, Zahlung
  • 6,5 Sontzen = Edelleute
  • 6, 7 Irtin = Zeche
  • 7, 8 Giel = der Mund.