Die Eisenbahn war schon vor Jahren
Nicht weit von Hansens Dorf erbaut
Doch Hans ist niemals mitgefahren
Er hat dem Ding nicht recht getraut
Hätt man ihm noch etwas gegeben
Er hätt ans fahren nie gedacht
Ein einzigmal in seinem Leben
Hätt er’s fast über sich gebracht
Am Markt hat er zu hohen Preisen
Zwei mag’re Ochsen angebracht
Und dann beim Wein nach seiner Weise
Sich lang den Handel nachbedacht
Da hat er sich den Mut genommen
Bei jedem Glase wuchs er an
Was gilt’s Mag’s noch so teuer kommen
Heut fahr ich mit der Eisenbahn
Und eilig thut er sich erheben
Damit der Mut ihm nicht entfliegt
Die Sorge um das teure Leben
Hat große Helden schon besiegt
Am Schalter mußt er lange frieren
Bis endlich man Gehör ihm schenkt
So daß von städtischen Manieren
Mein Hans nicht allzu höflich denkt
fünf Groschen scheint ihm nicht zu teuer
Doch Handeln ist des Bauers Brauch
Man fährt ja nur mit Rauch und feuer
So denkt mein Hans und handelt auch
Zwei Groschen Herr Billetverwalter
Ich bin zu Hause ja im Nu
Statt jeder Antwort fliegt der Schalter
Dem Hansen vor der Nase zu
Das nenn ich kurz und angebunden
Da kann ein Handel vorwärts gehn
Wollt ich so kommen meinen Kunden
Blieb all mein Vieh im Stalle stehn
Die Reiselust ist ihm vergangen
Vorbei der Mut den er gefühlt
Er hegte nur noch ein Verlangen
Wie er den Groll an jenem kühlt
Nun seht den Hans Mit stolzem Wesen
Spaziert er den Perron hinauf
An seiner Stirn konnt jeder lesen
Jetzt fahr ich gar nicht mit ich lauf
Als stolz zur Eingangstür er lenkt
Ein mächt ger Pfiff gellt hinterher
Ja pfeift mir nur der Hans da denkt
Jetzt wo’s euch reut mag ich nicht mehr
Ein zweiter Pfiff Voll Schadenfreude
Ruft Hans Ihr mögt allein jetzt fahr n
Behandelt höflich gleich die Leute
Dann könnt ihr euch das Pfeifen spar n
Nun werden Thüren aufgerissen
Einsteigen ruft der Schaffner laut
Hans aber wollte nichts mehr wissen
Nur daß er spöttisch vor sich schaut
in: Deklamationsstücke für deutsche Mittelschulen (Band 2, 1887) — Deklamationsstücke. Ein poetischer Hausschatz für das deutsche Volk · (Band 2, Von Karl Zettel · 1898)