Wir haben die ganze Welt gesehn (Seemannschoral)

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Wir haben die ganze Welt gesehn
— Die Welt war überall rund! –
Um alle paar Monat vor Anker zu gehn
Bei einem Mädchenmund!

Wir sahn eine Mutter in schneeigem Haar
— Die verkuppelte uns ihr Jöhr
Wir fraßen pfundweis den Kaviar
Direkt an der Quelle vom Stör!

Wir sahen Seeanemonen und Qualln,
Die schmückten Gebein und Gewand
Eines Matrosen, der war gefalln
Für irgendein Vaterland.
— Die Welt ist rund und klein!
Was kann sie dem Seemann noch sein?

In Hamburg an der Elbe
Gleich hinter dem Ozean
Ein Mädchen von Sankt Pauli
Von Sankt Pauli und von der Reeperbahn
Ein Mädchen, das bei Tag und bei Nacht
Bei jedem Kuß an uns nur gedacht
Ein Mädchen von Sankt Pauli
und von der Reeperbahn

Wir haben die ganze Welt bereist:
– La Plata – le Languedoc!
Wir haben mit Kannibalen gespeist
– Und überall gab’s einen Grog!

Uns folgte der Möwen Hungergekreisch
Wie die Huren der Waterkant
– Am Meeresbusen zum drallen Fleisch,
Da gingen wir an Land!

Wir haben den »Holger Danske« gesehn
– Und einen Völkerstamm
Zu Tausenden zugrunde gehn —
Die andern standen stramm!
Die Welt hat Leid und Freud!
Was haben wir Seemannsleut?

In Hamburg an der Elbe
Gleich hinter dem Ozean
Ein Mädchen von Sankt Pauli und
von der Reeperbahn

Wir haben die ganze Welt beglotzt:
Paris und den Vogel Roch!
– Wir haben die Seele uns ausgekotzt
Bei Australien Da liegt sie noch!

Wir sahen unsern Kapitän
Verfaulen im Lazarett!
Wir sahn eine Grotte mit lauter Feen
– Und ein frisch bezogenes Bett!

Wir sahen den toten Menelik
Hoch zu Krokodil!
Wir sahen überall den Krieg
– Und Wilhelm im Exil!
Die Welt ist zum Bespein!
Was kann noch Ekleres sein?

In Hamburg an der Elbe
Gleich hinter dem Ozean
Ein Mädchen von Sankt Pauli
Nahm sich einen Spießer zum Mann…
Was kann für uns da noch sein?
Ein Mädchen, das bei Tag und bei Nacht
Bei jedem Kusse an uns nur gedacht
Unser Mädchen von Sankt Pauli
Unser Mädchen von der Reeperbahn…

Text: Walter Mehring – 1930
Der „Seemannschoral“ – gesungen von Hans Albers –  in dem Film  „Ein Mädel von der Reeperbahn“, Regie Karl Anton , Filmusik Willy Engel-Berger
Musik: ?? 

Folgende Version sangen die Kölner Edelweißpiraten:
Wir haben die ganze Welt beglotzt,
Paris und den Heiligen Rock,
Wir haben unsere Seelen in das Meer gekotzt,
In Australien und da liegen sie noch,
Ja die Welt ist rund und schön,
Was gibt es für uns noch zu sehn,
Ein Mädel von St. Pauli,
Ein Mädel von der Reeperbahn,
Ein Mädel das bei Tag und bei Nacht
An seinen Liebsten hat so oft gedacht.

Laut Aussage von Franz Longerich wurde dieses Lied von der Gruppe am Kölner Georgsplatz gesungen. Weiter sagte er vor der Gestapo aus: „Es ist mir bekannt, dass dies ein Lied der Nerother ist. Ein Unterschied zwischen den Navajos und den Nerothern ist mir nicht bekannt, da sich die Clique am Waidmarkt ebens ‚Navajos‘ wie ‚Nerother‘ nennt.“. Laut Aussage von Heinz Cramer wurde dieses Lied auch 1942 von den Jugendlichen am Leipziger Platz gesungen.
http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_0404_edelweiss/db_index.html

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Liederzeit: vor 1930 : Zeitraum:
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