Die Erscheinung des heiligen Mathias


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Des Herzogs Boleslaus Diener spürten, daß ihr Herr sehr andächtig war, welcher seine besondere Lust allein an das Gebet und den Kirchenbau anwende. Einstmals, zur Sommerszeit, traten sie sämtlich und besonders die Christen vor ihn und baten, daß er die Tat seines Vaters aus dem Gemüte lassen und Gott dem Allmächtigen vertrauen sollte. Er würde ihm solches, was er aus Zorn zu tun befohlen, und selbst getan, als ein barmherziger Gott in Gnaden wenden.

Der Herzog hub an und sprach mit Weinen: »Meine getreue, liebe Diener und im Glauben an Christo Brüder, ich weiß zwar sehr wohl, daß unser lieber Gott ein gnädiger Gott und viel bereiter sei, einem jeden Sünder seine göttliche Gnade mitzuteilen, als er ihn darum bitten möchte. Aber ich sage euch in Wahrheit, als meinen lieben Freunden, es wolle nur keiner des Christen Blut und besonders bis zum Tode, vornehmlich aber seines leiblichen, frommen und gerechten Bruders auf Erden, ohne alle Ursache zu vergießen, gering achten. Denn ein solches Blut, gleich wie Abels, um Rache gen Himmel schreit.

Und ich besorge mich, daß unser Herr Gott, wiewohl er ein barmherziger, doch gerechter, Gott ist, seine Worte, so er im alten Testament geredet, nicht an mir wahr machen werde, da er spricht: ›ich bin ein eifriger Gott, welcher die Sünde der Väter an den Kindern heimsucht, bis ins dritte und vierte Glied.‹ Deswegen ist besser, daß wir allhier trauern und zu ihm rufen, als daß wir, von wegen der bösen Taten, von ihm allhier und dort einer bösen Strafe gewärtig sein sollten. Aber es sei an meinem Trauern genug, ihr aber seid fröhlich.«

Auf den Morgen wollte er seinen Dienern eine Kurzweil machen, ritt deswegen mit ihnen auf die Jagd, in einen Wald, die Schaoka genannt. Allda stellten sie ihre Netze, ließen ihre Hunde los, daß sie jagen sollten und der Herzog blieb mit einem Diener auf einem Berge ganz allein. Dem erzeigte sich ein großer Bär, welcher gegen ihn herging. Der Diener sprach zu ihm: »ach, lieber Fürst, fliehe bald hinweg, damit dich dieses Tier nicht umbringt.« Und der Herzog zeichnete sich mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und blieb unbeweglich stehen, der Hofnung, das Tier würde ihm, durch dieses Zeichen, kein Leid tun können. Der Bär ging gar nahe an den Herzog und die Furcht, so in des Fürsten Herzen war, verwandelte ihm sein Angesicht.

Bald erschien ihm ein Mann, welcher ein Ansehen eines Heiligen hatte. Derselbe trug einen langen Stab in seiner Hand und schlug damit auf das Tier, welches alsbald umwendete und davon ging. Und der Herzog sprach: »habe Dank, du frommer Mann, daß du mich von diesem Ungetüm erledigt hast.« Der Mann sprach: »dieses höllische Ungetüm, welches sich dir in dieses wilden Bären Gestalt gezeiget, hat dich von dannen treiben wollen; denn es bei diesen Gräbern, darauf du stehest, eine besondere Lust, über den toten Leibern, so nicht im Namen der heiligen Dreifaltigkeit gestorben sind, zu haben pflegt.«

Der Herzog fragte: wess‘  diese Gräber wären? Der Mann antwortete: »sie sind deren, welche den verzauberten Trank getrunken.« Der Herzog sprach: »Lieber, wer sind die gewesen?« Der Mann antwortete: »es sind Stiradii, des Proschi Sohnes, Diener gewesen, welche der Mägde Hände ermordet haben und heute sind’s zweihundert und dreißig Jahr, daß solches geschehen ist, als nämlich, da man geschrieben hat, 741 Jahr.«

Der Herzog sprach: »wie weißt du es? Weiset es doch die Gestalt deines Alters, daß du zur selben Zeit auf der Welt nicht gelebet hast.« Der Mann antwortete: »alle die Dinge, so dazumalen und zuvor, auch jetzo auf der Welt geschehen, sind mir wissend.« Der Herzog fragete: wer er wäre und wie er hieße? Der Mann sprach: »ich bin ein Diener und Apostel Jesu Christi, mit Namen Mathias;« und hiemit verschwand er und verwandelte sich in Licht.

Der Herzog wandte sich zu dem Diener und sprach: »hast du auch diesen Mann gesehen?« Der Diener sprach: »ja, ich habe ihn gesehen, aber ich habe mich etwas hintan begeben müssen; denn ich ihn, von wegen des großen Glanzes seines Antlitzes, nicht anschauen konnte.« Als nun der Herzog heimkam, vermeldete er dies Gesicht seinem Bischofe. Derselbe sprach zu ihm: »mein Sohn, sage Gott Dank und laß an selbem Orte ein Bethaus, Gott zu Ehren und im Namen St. Mathiä bauen.« Also berufte der Herzog Arbeiter und ließ eine Kirche daselbst bauen, und Bischof Adalbertus errichtete sie allda auf der Schaoka.


Liederthema: Allgemein

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