Liedergeschichte: Es waren zwei Königskinder
Zur Geschichte von "Es waren zwei Königskinder": Parodien, Versionen und Variationen.
„Die Sage von den zwei Königskindern oder die Schwimmersage, welche in einer Reihe zusammengehöriger Volksballaden auftritt , ist nach ihrem Inhalte uralt. Diese Balladen , welche das unglückliche Geschick eines Liebespaares erzählen, bringen dieselbe Geschichte, die von Hero und Leander erzählt wird. Somit ist der Stoff aus dem hellenischen Altertum im Mittelalter in der Leute Mund gekommen und Vermittelung durch Gelehrte und Kunstdichter nicht anzuzweifeln:
Der Stoff wurde nach gekannten griechischen Quellen vermutlich durch provenzalische und nordfranzösische Dichter nach Deutschland getragen. In Deutschland muss die Sage wenigstens seit dem 12. Jahrhundert gekannt gewesen sein und scheint, dass sie vom Meere her eingebracht und nach dem Süden verpflanzt wurde, da die meisten hochdeutschen Texte scheinbar aus dem niederdeutschen hervorgegangen sind.
Lieder über diese herrliche Sage finden sich seit dem 15. Jahrhundert und bis jetrt in Nord- und Süddeutschland verbreitet. Sie beginnen: „Es waren zwei Königskinder“, „Ach Mutter, liebe Mutter“, „Ach Elslein, liebes Elselein“ …
Aber auch in Holland , Dänemark und Schweden wird das Lied von den unglücklichen Königskindern gesungen. Die Zeit hat das Gewand der Sage nach ihrer Sprache und die Wendungen geändert, und die Sage je nach dem neuen Lande und fremden Boden und Klima umgebildet.
Im 12. oder 13. Jahrhundert haben niederrheinische Kolonisten die Sage nach Mähren in das Kuhländchen verpflanzt. Hier wurde das Lied nicht nur mundartlich umgestaltet, sondern auch die Erinnerung an das Meer ist erloschen: die Königstochter der alten freien Sachsen ward hier zu einem Landmädchen der Kolonie verwandelt, und statt „an die kant van de rustende See“ zieht sie in den Grunwald und der Jüngling ertrinkt im Waldbache.
In der Schweiz hat sich die uralte, mythologische Sage, welche den klassischen Namen „Hero und Leander“ trägt, an mehreren Seen lokalisiert, besonders am Hallwyler See (Kanton Aargau) in dem Liede: „Es wend zwoi Liebi zsäme“ ( s. Rochholz, Aargauersagen II, 33 ) .
Die griechische Sage erzählt von Hero und Leander, die deutsche und skandinavische lassen die liebenden Königskinder ohne Namen .
Hero, eine schöne Jungfrau und Priesterin der Aphrodite zu Sefostes am Hellespont, liebte den schönen Leandros aus dem kleinasiatischen Abhdos, einer Stadt jenseits des Hellespont, gegenüber dem Orte seiner Geliebten. Um zu ihr zu gelangen, musste er stets den Hellespont durchschwimmen; in einer stürmischen Nacht kam er in den Fluten ums Leben. Da stürzt sich seine verzweifelnde Geliebte ins Meer
Dass die Sage sogar bis nach Indien hinaufreiche und dort am Gestade des Chinab und Pendschab im Volksmunde noch Lieder leben sollen, die das Unglück der Liebenden Hîr und Rângha, ähnlich dem von Hero und Leander, besingen ist ein Irrtum, den R. Köhler 1879 in der Zeitschrift f. d. Altertum ( Anzeiger Ser . VI. S. 265) zurückgewiesen . Diesen in deutschen Büchern nachgeschriebenen Irrtum hat zuerst der Orientalist Garcin de Taffy in seiner Übersetzung des hindostanischen Romans „Les Aventures de Kamrup“ , Paris 1834 p . II ausgesprochen, aber später in seiner Übersetzung des Romans Hir und Randscha 1857 widerrufen und erklärt, dass die Sage von diesem indischen Liebespaar mit der von Hero und Leander nicht identisch sei.“
(in: Erk / Böhme: Deutscher Liederhort I, 1894, Nr. 83 ff)
Dat geit hier jegen den Samer (1630)
Springel- edder Langedanz
Hans Detlefs Mskr. Fol. 27 a. – Dithmars. hist. Relotion, Handschrft der U. Bibl. zu Kiel – (Neocorus II, 569. Uhland I, 81 bzw 37) Bemerkenswerte Abweichungen, die vielleicht nicht bloße Emendationen sind, enthielt die Abschrift des Hans Detlef, die Peter Mohr besaß. Zum Text:...
Es waren zwei Königskinder (1700)
Zuccalmaglio nennt Kleve und Kaiserswerth ( Düsseldorf ) als den Ort , auf den sich die Sage bezieht. In zahlreichen Textvarianten zumindest seit dem 17. Jahrhundert verbreitet. Die Ballade geht zurück auf die antike Sage von Hero und Leander . Die Strophen „Ach Tochter, liebe Tochter...
Ach Mutter liebe Mutter mein Kopf tut mir so weh (1804)
Es waren zwei Königskinder (Liederhort) (1807)
Text nach Erk, Deutscher Liederhort Nr. 21: vielfach mündlich aus Westfalen und vom Niederrhein (Bonn , Wesel etc) . Die allgemein in Deutschland bekannte Dur-Melodie ebenfalls bei Erk. Sie steht schon in den Volksliedern von Büsching und v. d .Hagen 1807, handschriftlich mitgeteilt durch Dr....
Es war einmal eine Jüdin (Schöne Jüdin) (1808)
Weitere Fassungen des Liedes von der Jüdin, die einen christlichen Schreiber liebte, aus Schlesien, Lothringen , vom Oberrhein, Württemberg, Frankfurt , von der Bergstraße und Baden. Das Lied erinnert im Text stellenweise an die Ballade Es waren zwei Königskinder – die Melodien sind aber nicht...
Königskinder (Mollmelodie) (1819)
da kam ein schurkiger Bauer
Beide Mollmelodien werden in Deutschland nicht mehr gehört ; sehr ähnlich aber noch in Schweden und Dänemark gefunden , wo sie der alten Weise „Ach Elslein“ noch ziemlich gleich sind .
Ein Kirchlein steht im Blauen (1824)
auf die Melodie der "Königskinder"
Et wasen twe Kunnigeskinner (1829)
aus dem Westfälischen
Gleichlautend aus dem Paderbornschen in „Volksgesänge“ von Baumstark und Zuccalmaglio, 1829, S. 10, mitgeteilt von W. von Harthausen . Nach derselben Quelle bei Reifferscheid, westfälische Volkslieder, Nr. 1. Wenn von Harthausen behauptet: zur 3. Strophe (Tod des Jünglings) sei dieselbe Weise in Moll gesungen worden,...
Es waren zwei Königskinder (1841 , Zuccalmaglio) (1841)
Es war eine schöne Jüdin (1841) (1841)
Abweichungen im Text
- 3. falsches Nönnchen (1925)
- 4. Es war an einem Sonntagmorgen / die Leut waren alle so froh / nicht so die Königstochter / die Augen saßen ihr zu (in: Volker, 1925) .
Anmerkungen zu "Es war eine schöne Jüdin (1841)"
Die Strophen „Ach Tochter, liebe Tochter allein darfst du nicht gehn“ kommt auch in einem Lied aus Dithmarschen vor: „Dat geit hir jegen den Samer„, allerdings will die Tochter dort zum Tanze gehn. Eine ähnliche Geschichte ist das Lied Es war einmal eine Jüdin . Diese liebt einen christlichen Schreiber ,die beiden Religionen trennen die beiden Liebenden.
Bei Louis Pinck in Verklingende Weisen (1928) findet sich ein anderer Einstieg als 2. und 3. Strophe: „Denn zwischen den Eltern der beiden / war ewiger Zank und Streit / und zwischen den Liebenden beiden / da lag ein See so breit — Einst bracht eine weiße Taube / dem Königssohn ein Brief / er sollen dem Strande zueilen / sobald sein Vater entschlief“
Zuccalmaglio 1841 und Erk / Irmer 1843 bringen eine ganz andere Melodie aus dem Bergischen, Zuccalmaglio nennt Kleve und Kaiserswerth ( Düsseldorf ) als den Ort , auf den sich die Sage bezieht.
"Es waren zwei Königskinder" in diesen Liederbüchern
Literatur : Von dem Liede zur Schwimmersage gibt es noch folgende Aufzeichnungen aus Volksmunde :
a . Bothe , Frühlingsalmanach , Berlin 1804 S. 225. Mit Mel . wiederholt in den Volksliedern von Büsching und v . d . Hagen 1807 S. 180. Daher Erk I , 1 , 28 . b . Süddeutsch : Wdh . I , 336 , a . A. 1808 II , 293 , mitgetheilt von Schulrath Schlosser in Frankfurt a . M. nach einer Niederschrift um 1770. c . Rheinländisch : Rhein . Märlein 3. Kretschmer II , 32. Erf II , 4/5 , S. 109. Simrock S. 7 . d . Kuhländisch : Meinert 1817 S. 137. Daher Erlach 4 , 237. e . Brandenburg und Provinz Sachsen : Erk II , 4/5 , S. 102. Berliner Convers . – Blatt 1829 Nr . 255 . Hermes 1824 , S. 96. f . Königreich Sachsen : Rösch 1886. g . Thüringisch : Schade , Weimar . Jahrb . 3 , 269. h . Elsassisch mit Mel . mündl . , 1889. i . Nassauisch und Oberhessisch , mündlich , und Böckel 105. k . Zusammengestellt aus versch . hochd . Lesarten : Ldh . Nr . 21 und Jungbr . 4 A. 1. Aus dem Münsterlande mitgetheilt von Droste – Hülshof , bei Uhland 199. Andere Lesart Erk , Loh . , S. 67. m . aus dem Paderbornschen durch Werner v . Harthausen in Volksgesänge von Baumstark und Zuccalmaglio 1829 und Mone , Anz . 6 , Sp . 164 ( 1837 ) . Reifferſcheid , weſtf . VL . Nr . 1. n . Aus Ostfriesland : Firmenich I , 15. Daher Ldh . S. 68. Andere Lesart : Altd . Lob . S. 96 , ziemlich gleich Müllenhoff 609 , aus dem Ditmarschen . 0. Schweizerisch : Rochholz , Schweizersagen aus dem Aargau I , 33. Daher Tobler II , 177. p . Wendisch : Haupt – Schmaler II , 13. q . Lettisch : Ulmann , Lettische VL . S. 170. Abdr . Reifferscheid S. 128. r . Niederländisch : Hor . belg . II , Nr . 27 . Anderer Text mit Mel . bei Willems 55 und Couſſemaker Nr . 49. Lootsen & Fays S. 82. s . Schwedisch : Geijer och Afzelius 1814 in drei Lesarten : I. 103 ( Uebers . von Mohnike , Altschwed . Balladen 79 und R. Warrens 72 ) . II , 106. III , 210 ( Druck 1680 ) Arwidson II , 198 ( nach einer Aufzeichnung im 16. Jahrh . ) . t . Dänisch : Nyerup I , 147 ( Druck v . 1689 ) . Berggreen I , 154. u . Ungarisch : Aigner , Ungar . VL . 158. Abdr . Reifferscheid S. 129. v . Engadinisch : A. v . Flugi , Volkslieder des Engadin 21 ( beide Texte nur entfernt verwandt ) .