Deutscher Schlagball – Baseballvorläufer

An diesem Spiele können 6 – 20 Knaben teilnehmen, die sich in zwei Parteien teilen: die Schlag- und die Fangpartei; die zu ersten gehören heißen Herren, die der letzteren Diener. Außer dem Schlag- und Laufmale, welche oft 20 – 30 Meter voneinander entfernt sind, gibt´s bei diesem Spiele noch ein drittes Mal, das etwa 6 Schritte seitwärts vom Schlagmale durch einen Stein bezeichnet wird und als erstes Laufmal gilt.

Die Fangpartei wählt einen ihrer Genossen als Einschenker, der seinen Platz am Schlagmale hat. Dieser stellt sich auf 2 Schritte Entfernung dem Ballschläger gegenüber und wirft ihm mit der einen Hand den Ball so zu, daß derselbe in Kopfhöhe auffliegt und mit dem Ballholze leicht getroffen werden kann.

Der Einschenker muß dieses Geschäft gut verrichten, damit der Bakk schön im Bogen in die Höhe fliegt und so von seinen Genossen leicht gefangen werden kann. Außerdem muß der Einschenker auf diejenigen achten, welche an den Laufmalen stehen und sich zum Hinaus- oder Hereinlaufen anschicken. Denn sowie diese ihren Lauf beginnen, muß er selbst eifrig bemüht sein, einen Läufer mit dem Balle zu treffen, oder er muß eiligst den Ball einem seiner Genossen zu werfen, der dem Läufer näher steht. War der Ball auf den Spielplan hinausgeschlagen oder hinausgeworfen, so muß der Einschenker bemüht sein, ihn sobald als möglich wieder in seine Hand zu bekommen, wobei er Sicherheit im Auffangen zu beweisen hat. Denn wenn er den Ball nicht auffängt oder fallen läßt, können die Läufer unterdessen unangefochten an ihr Ziel gelangen.

Seine draußen auf dem Spielplatze stehenden Genossen, welche so verteilt sind, daß der hinausgeschlagene oder hinausgeworfene Ball leicht aufgefangen werden kann. Wenn es ihnen gelingt, den aufgeschlagenen Ball mit den Händen aus der Luft zu fangen, oder einen Schläger  beim Hin- und Herlaufen von einem Male zu anderen mit dem Ball zu treffen, so haben sie das Spiel gewonnen: die Fangpartei wird Schlagpartei und umgekehrt, beide Parteien wechseln demnach ihre Plätze. Das Spiel geht eben um das Schlagen des Balles, und welcher Partei das gelingt, hat gesiegt.

Jeder von der Schlagpartei hat das Recht, dreimal nach dem Balle zu schlagen. Doch muß er sich bemühen ,den Ball so zu treffen, daß dieser einen hohen und weiten Bogen beschreibt. Derjenige, welcher dreimal am Schlage gewesen, stellt sich nun an das erste Laufmal seitwärts vom Schlagmal. Hier muß er eine günstige Gelegenheit erspähen, um ungefährdet zum zweiten Laufmale zu gelangen. Diese Gelegenheit bietet sich dar, wenn einer seiner Mitspieler den Ball hoch aufschlägt, oder wenn der Ball schon nach einem anderen geworfen wurde und also nicht leicht zu Händen seiner Gegner kommen kann. Sollte der Läufer in die Gefahr kommen, geworfen zu werden, so muß er durch geschicktes Ausweichen, durch Niederducken, durch Kreuz- und Quersprünge dem zu entgehen suchen.

Wenn der Läufer unangefochten zum zweiten Laufmale gelangte, so benutzt er die nächste günstige Gelegenheit zum Zurückkehren. Ist der Ball zu weit fortgeschlagen, die Gelegenheit also günstig, so kann der Läufer auch ohne Aufenthalt vom zweiten Laufmale nach dem Schlagmale zurückkehren, dabei muß er mit flacher Hand an das zweite Laufmal angeschlagen haben.

Zuweilen kommt es vor, daß nur ein einziger Spieler noch am Schlagmale ist, während die anderen am zwieten Laufmale stehen, und keine günstige Gelegenheit zur Rückkehr deshalb fanden, weil ihre Spielgenossen schlecht schlugen. Alsdann ruht ihre Hoffnung auf diesem letzten Schläger, auch Löser genannt, welcher ausnahmsweise, wenn er den Ball dreimal fehlte, noch einen vierten Schlag tun darf. Jetzt hängt das Spielglück an einem einzigen Faden, hatte aber auch dieser letzte Schlag keinen Erfolg, so müssen die Läufer auf´s Geratewohl ihrem Geschick entgegenlaufen.

Der Schläger braucht übrigens seine drei Schläge nicht alle auszuführen, gesetzt, daß es ihm gelänge, beim zweiten Schlage den Ball hochaufzuschnellen, so kann er sofort das ballholz wegwerfen, um seinen Lauf anzutreten. Der Schläger braucht den Ball nicht anzunehmen, wenn er ihm vom Einschenker schlecht zugeworfen wird.

Die Läufer dürfen beim Hin – und Herlaufen die Grenzen des Spielplatzes nicht überschreiten. Auch dürfen sie nicht außerhalb der Male stehen; denn wenn sie auch nur einen Schritt weit vom Laufmale getroffen werden, haben sie verloren.

Die Fehler und Ungeschicklichkeiten eines einzelnen Spielers muß die ganze Partei büßen. Wird einer der Schläger mit dem Balle getroffen, so hat die ganze Partei verloren. Wenn ein Schläger den Ball in ungeschickter Weise hinter das Schlagmal schlägt, oder in Gedanken das Schlagholz mit auf den Spielplatz hinaus nimmt oder beim Hinwerfen desselben einen Spielkameraden trifft, so zieht dieses ebenfalls den Verlust des Spieles nach sich.

nach Ambros : Spielbuch 105ff , ausführlich mit viel Regeln bei GutsMuths S. 86-97 (1796!) — nach Deutsches Kinderlied und Kinderspiel (1897) , dort als „Großer (deutscher) Schlagball“ bezeichnet.

Offensichtlich der deutsche Vorläufer des amerikanischen Volkssports „Baseball“ – vielleicht auch durch den Einfluß der über sechs Millionen deutscher Auswanderer in die USA gelangt? Leider macht Böhme keine Angaben dazu, inwiefern das Spiel um 1900 in Deutschland noch verbreitet war. Er macht aber zu Beginn des Kapitels über die Ballspiele deutlich: „Nur die volkstümlichen und verbreitetsten Ballspiele sollen hier vorgeführt und kurz beschrieben werden“ (S. 606)


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