Da droben auf jenem Berge (Goethe, 1801)

Da droben auf jenem Berge
da steh ich tausendmal
an meinem Stabe gebogen
und schaue hinab in das Tal

Dann folg ich der weidenden Herde
mein Hündchen bewahret mir sie
Ich bin herunter gekommen
und weiß doch selber nicht wie

Da stehet von schönen Blumen
die ganze Wiese so voll
Ich breche sie, ohne zu wissen
wem ich sie geben soll

Und Regen, Sturm und Gewitter
verpass ich unter dem Baum
Die Türe dort bleibet verschlossen
doch alles ist leider ein Traum

Es stehet ein Regenbogen
wohl über jenem Haus
sie aber ist weggezogen
und weit in das Land hinaus

Hinaus in das Land und weiter
vielleicht gar über die See
Vorüber, ihr Schafe, nur vorüber
dem Schäfer ist gar so weh

Text: Johann Wolfgang von Goethe (1801) –
Musik: Verfasser unbekannt (1804, bei Ehlers), gleiche Melodie von „In einem kühlen Grunde“ (s. Liederhort II 234), auch verwandt mit „Es war ein König in Thule“ — Carl Friedrich Zelter (1802)

Vergleiche das ältere, bis auf das 16. Jahrhundert zurückgehende Volkslied: Da droben auf jenem Berge, da steht ein hohes Haus.

u. a. in: Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895, Volkslied) — Volkslieder für Heim und Wanderung (1914, Zelter)

Zur Geschichte dieses Liedes:

Parodien, Versionen und Variationen: Lieder mit der Zeile „Auf dem Berge da steht ein hohes Haus“ sind zumindest  seit dem 16. Jahrhundert. Das Muster ist dabei immer ähnlich: „Da droben auf jenem Berge / da steht ein hohes Haus / da schauen wohl alle Frühmorgen / drei schöne Jungfrauen heraus / Die eine die heißet ….“ Schon 1544 wird dieses Motiv zitiert, Erk führt zahlreiche Varianten des Liedes an. Der Deutsche Liederhort II (1893) bringt unter der Nr. 419 als „Das Mühlrad“ oder „Müllers Abschied“ in mehreren Versionen ein Lied mit diesem Anfang „Da droben auf jenem Berge“,... weiter lesen

Zweite Melodie zu "Da droben auf jenem Berge (Goethe, 1801)"

Zweite Melodie zu Da droben auf jenem Berge (Goethe, 1801)
Komposition von Zelter

Anmerkungen zu "Da droben auf jenem Berge (Goethe, 1801)"

Böhme schreibt in „Volkstümliche Lieder der Deutschen“ (1895, Nr. 452):

Gedicht von Goethe. Zuerst gedruckt in „Taschenbuch aufs Jahr 1804“ Herausgegeben von Wieland und Goethe, Tübingen S 105. Genau so in Goethes Werken Ausgabe letzter Hand, 1828 I 94. In der Chronologie der Entstehung von Goethes Schriften (Viehoff 2 456) wird dieses Gedicht unter dem Jahr 1803 aufgeführt, aber es ist in etwas frühere Zeit zu setzen, das erhellt aus dem Briefwechsel Goethe’s mit Zelter, da letzterer in einem Schreiben vom 7. April 1802 das Lied als ein von ihm schon komponiertes erwähnt. (s. Goedeke: Goethes Leben und Schriften II 94)

Zelter’s Melodie aus G-moll ist nicht viel wert. (Abdr s Erk Germania Nr 219) Eine von F Reichardt (F Fink Hausschatz Nr 64) Schöner ist die hier stehende. Wir finden sie zu Goethe’s Text notiert bei Wilh. Ehler’s „Gesänge mit Begleitung der Guitarre“ eingerichtet von WE Tübingen 1804 Quer 40 S 24. Der Name des Komponisten fehlt zu dieser Melodie, während er zu den meisten anderen angegeben ist. Also wohl Volksweise und zwar zu dem Volkslied gleichen Anfangs, das vom Mühlrade singt. (s. Liederhort II 234)

In späteren Auflagen „Vierundzwanzig Gesänge mit Begl. der Guitarre“ eingerichtet von W Ehlers Berlin H Werkmeister sind einige Noten geändert. Gleichlautend steht die Melodie in der Flötenstimme bei C.M. v Weber Trio für Pianoforte, Flöte und Violoncello op 63 Berlin um 1820. Im Liederbuch für Hochschulen 1823 steht dieselbe Melodie zu Goethe’s Ballade „Es war ein König in Thule“ — Als Volksmelodie vor 1820 in Franken von Dr. Hohnbaum notiert, hat dieser sie 1839 an Erk geschenkt.“