Die Schlacht bei Sedan (1909)

Fritz Gansberg (in: Streifzüge durch die Welt der Großstadtkinder - ein Lesebuch für Schule und Haus . Leipzig / Berlin 1909)

Aus einem Lesebuch für Großstadtkinder

An der Anschlagssäule stand es zu lesen auf einem großen weißen Zettel: Krieg mit den Franzosen! Und in der Zeitung stand es zu lesen, und alle Leute sprachen davon, daß nun die Franzosen kommen wollten und wollten sie alle gefangennehmen. Kaiser Wilhelm aber schickte einen Trompeter nach der Kaserne in die Neustadt zu seinen Soldaten, die sollten ihnen allen helfen. Ja, die Soldaten hatten gerade Schule und saßen ganz still in ihrer Stube. Da hörten sie plötzlich den Klang der Trompete. Und nun gab es ein Laufen und Poltern, denn sie wußten gleich, daß es einen Krieg geben sollte.

Sie rannten an ihren Schrank, nahmen die schwarze Hose heraus und die großen, fettigen Stiefel und den blanken Helm und den Tornister und zogen sich geschwind an. Das weiße Zeug und noch ein paar Strümpfe und die Mütze und ein dickes Butterbrot stopften sie sich in den Tornister, schnallten einen schwarzen Riemen um mit einem Säbel daran, nahmen das Gewehr von der Wand und gingen die Treppen hinunter auf den Hof. Ei, da war auch schon der General, mit einem Federbusch auf dem Helm, einem weißen Schnurrbart im Gesicht und einem breiten roten Streifen an der Hose.

Stillgestanden! kommandierte er mit donnernder Stimme, als alle Soldaten angekommen waren, und da standen sie in langer, langer Reihe, ganz gerade, steif und still, und nicht ein Auge mehr klappte auf und zu. Jetzt geht´s in den Krieg, sagte er – und die Leute, die hinterm Staket standen und zuguckten, konnten jedes Wort verstehn – jetzt geht´s in den Krieg, und Kaiser Wilhelm will auch kommen und will zusehn. Dürfen wir weglaufen, wenn die Franzosen kommen? Nein, wir müssen drauflosgehn wie tapfere Helden. Wenn wir auch sterben! Aber Kaiser Wilhelm soll leben! Hurra! Und alle riefen hurra.

Dann spielte die Musik so frisch und fest, daß man´s schon nicht mehr aushalten konnte. Bataillon marsch! schrie der General, und da flogen die Beine in die Luft, und die Füße stampften auf den Sand, daß die Laternenscheiben zitterten. Links schwenkt, marsch! Und dann marschierte der lange Zug in die Stadt hinein, voran der General auf einem schlanken Pferd, dann die Musik und der Tambourmajor mit dem Stock mit Troddel und Goldknopf, dann die Fahne von Seide und mit dem Adler drauf, und dann die Soldaten. Ach wie prächtig das alles aussah, und die Jungens marschierten nebenan und flöteten mit, was die Musik spielte. Und doch! Die großen Leute winkten wohl mit den Taschentüchern, aber dann wischten sie sich die Augen aus und weinten.

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