So geht ein Arbeitsmann zugrund

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Wie herrlich ist doch die Natur,
gar lieblich anzuschauen
In Feld und Wald, in Busch und Flur
kann sich der Mensch erbauen
Doch aber ach, was hat er nur,
ein Arbeitsmann von der Natur
Von Kindheit an ins Arbeitsjoch gespannt
nie hat er Lust noch wahre Freud gekannt
nur schaffen, schaffen, das ist seine Pflicht
Pflichten – und Rechte kennt er nicht
Er muß stets arbeiten hin ums liebe Brot
und als Begleiter kennt er nur die Not
bis sich auf ewig schließt sein blasser Mund
so geht ein Arbeitsmann zugrund.

Spricht eines Tags der Fabrikant:
„Wir brauchen junge Kräfte!
Sie sind zu alt!“, so jagt er ihn
hinaus aus dem Geschäfte.
Nun muß er bettelnd durch das Leben ziehen
Nicht schenkt man Mitleid, noch Erbarmen ihm
Ins Arbeitshaus bringt man ihn schließlich ein
er soll ein arbeitsscheuer Bummler sein
Und jene, die es doch so weit gebracht
von denen wird er noch verhöhnt, verlacht
bis hinterm Haus er stirbt gleich einem Hund
so geht ein Arbeitsmann zugrund

Die Spindelschnur erfaßt das Rad,
nie rasten die Maschinen
von Morgens früh bis abends spät,
muß er dem Mammon dienen
und ist er auch vor Schlaf fast blind
Zu Haus da jammert Weib und Kind
doch alle seine Kräfte strengt er an
damit er sich doch wach halten kann
Nun plötzlich hört man einen Schrei
die Kameraden eilen schnell herbei
zerstückelt und verstümmelt liegt er da
er kam den Rädern der Maschinen zu nah
Ein leises Flüstern geht von Muind zu Mund
so geht ein Arbeitsmann zugrund

Kommt mal ein Reicher an die Reih,
denn Tod kennt kein Erbarmen
durch Saus und Braus und Völlerei
hat er ihn in den Armen
Man baut in seinem weiten Park
ein Mausoleum besonderer Art
Vergolden läßt er Kuppel, Dach und Tor
selbst einen Wächter stellt er noch davor
Und seiner harrt ein goldener Sarkophag
weil er nicht so wie wir verfaulen mag
wünscht er gesalbt, geölt und präpariert
was von Arbeitergeld wird ausgeführt
So sagt er tot noch uns, wie vorher bloß
Das ist des Arbeitsmannes Los

Quelle: Steinitz , II, S. 319 Steinitz zählt mehr als 20 Versionen dieses Liedes seit 1925, diese ist aus mehreren Fassungen zusammengesetzt. Erstmals gedruckt wurde das Lied 1925 in einem Liederbuch, das das Konfektionsmagazin Mosberg in Bielefeld gratis an seine Arbeiterkundschaft ausgab.

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