O Sünder mach dich auf (Kreuzweglied)

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O Sünder mach dich auf
und geh mit mir spazieren
Im Geist der Demut lauf
ich will den Kreuzweg führen
Betrachte die Station
was sie uns zeiget an
Die grösste Pein und Schmerz
hat gelitten Gottes Sohn

Sieh du nur den Heiland an
wie hart er wird geschlagen
In der ersten Station
da tut man ihn verklagen
Dass ein vermenschter Gott
muß leiden Schand und Spott
Pilatus spricht das Urteil
Verdammet ihn zum Tod

Und zu der andern Station
O Mensch, sollst du dich bewegen
Da tut man Gottes Sohn
ein schweres Kreuz auflegen
Mein Heiland Jesus Christ
Der jetzt schon kraftlos ist
Nimmt auf das Kreuz mit Freuden
ei Du mein frommer Christ

Kaum hat er´s aufgefasst
drückt ihn das Kreuz schon nieder
Die schwere Sündenlast
Schwächt Jesus seine Glieder
Sieh du nur den Heiland an
in der dritten Station
Da ihm aus Mund und Nas
häufig das Blut zerronn

O Sünder, sieh an
die zwei verliebten Herzen
In der vierten Station
Ist Jesus voll der Schmerzen
Maria weint geschwind
Jesu, mein liebes Kind
Wie teuer musst du bezahlen
Den Menschen ihre Sünd

Und die böse Judenschar
tut  Jesus gar hart schlagen
Simon gezwungen war
Das Kreuz muss er helfen tragen
Sieh du nur den Heiland an
ganz kraftlos war er schon
Das tut uns Mär anzeigen
die fünfte Station

Mein Heiland wird ganz blau
Von Zähren Überronnen
Veronika, eine Frau
reicht ihm ein Tuch vor allen
O Sünder, siehe an
was Jesus hat getan
sein Angesicht hinterlassen
in der sechsten Station

Man führt ihn aus der Stadt
wohl durch eine grosse Port
Mein Heiland wird ganz matt
er fällt mit seinem Kreuz alldort
Er fällt wohl auf ein Stein
Die Juden schlagen drein
er will uns durch das Fallen
Die Demut giessen ein

Der zarte Jungfrauensohn
fängt wiederum an zu gehn
In der achten Station
Hat er viel Frauen gesehn
Die weinen bitterlich
er sprach: „Nicht über mich
Beweinet euere Sünden
denn ihr wollt lieben mich““

Endlich tut Gottes Sohn
Den Berg Kalvaria grüssen
In der neunten Station
hat er noch fallen müssen
Er fällt wohl auf sein Angesicht
Dass Ihm sein Mund und Herz schier bricht
o Sünder, nimm´s zu Herzen
Von wegen deiner Sünd

Mein Heiland muss das Kreuz
Dort auf die Höhe tragen
Die Juden beiderseits
tun Jesus  gar hart schlagen
Bis er endlich ist kommen an
und da haben sie Gottesohn
seine Kleider herabgerissen
Dass ihm das Blut herronn

In der elften Station
o Mensch, sollst du betrachten
wie dass sich Gottessohn
für uns hat schlagen lassen
Die Juden sind verblendt
Sie han Jesus nicht erkennt
ans Kreuz haben sie ihn genagelt
Seine Füß und zarten Händ

Und zwischen zwei Mördersmann
muß Jesus drei Stund hangen
Ganz nackend und ganz bloss
Kein Gnad konnt er erlangen
Vollbracht ist alles schon
er rief sein Vater an
und hat sein Geist aufgeben
in der zwölften Station

Maria wird ganz bleich
Von Tränen überschwemmet
Bis man Ihr den Leichnam
Vom Kreuz herunternehmet
Man leit ihn in ihr´n Schoss
ganz nacket und ganz bloss
Da hat sie erst gesehen
Sein Wunden all so gross

Und den Heiland salbet man
weil er ist so hart geschlagen
Den Heiland salbet man
ehe man ihn tut begraben
O Sünder, geh in dich
und reumütig wein um dich,
Von wegen deiner Sünd
Gott um Verzeihung bitt
Text und Musik: anonym – Volkslied aus Lothringen – Stationenlied.
Vorgesungen von Papa Gerné , der es von seiner Mutter gelernt hatte und schon als zehnjähriger Junge in der Dorfkapelle vorsang. Noch in seinem Alter sang er es gerne jeden Freitag, wenn er allein in der Kirche war. Melodie aufgenommen von Cl.  Weber am 23. 11. 1914. Dieselbe Melodie hatte Papa Gemé auch für die Lieder „Wo fehlt es dir mein Herz“ und „O Himmel, ich verspür“, so dass man wohl annehmen darf, das Lied rühre von einem fliegenden Blatte her.
in Verklingende Weisen I (1926)

Liederthema:
Liederzeit: vor 1914 : Zeitraum:
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