Der diebische Müller

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Das Lied vom diebischen Müller ist schon um 1680 hochdeutsch, um 1600 niederdeutsch belegt. Während der Feudalzeit bestand Mühlzwang: der Bauer mußte die Mühle aufsuchen, in deren Bannmeile er wohnte. Der Müller, der die Bauern — zu all ihren anderen Lasten — noch um einen beträchtlichen Teil des ihnen gebliebenen Korns brachte, war verhaßt und verachtet, was sich außer
in Liedern noch in zahlreichen, weit verbreiteten Sprüchen und Sprichwörtern widerspiegelt, mit denen sich die Bauern wehrten. Die Mühle war in vielen Fällen Eigentum des Grundherrn, für den der Müller zu mahlen hatte.

„Wie kommt’s, daß viele Müller so stehlen
Und sagen, sie haben so fein gemahlen
Das will ich euch wohl sagen:
Der Zins wird ihnen zu, hoch gesetzt,
Sie können davon nichts haben.
Darum ihr Herren, seht nur zu
Wem ihr eure Mühlen vermieten tut,
Daß ihr nicht Diebe machet“

Sprüche über den diebischen Müller

Gespräche der Mühlenräder als Ausdeutungen des Mühlengeräusches sind durch ganz Deutschland verbreitet; z. B.

Das große Bad knarrt schwerfällig: „’s is a Dieb do, ’s is a Dieb do!“ Die Kammräder fragen begierig mit schnellerer Drehung: „Wer is ‚r, wer is ‚r?“ Worauf die kleinen Bäder mit schnellster Bewegung eifrig antworten: »Der Müller, der Müller!“ Das große gewichtige Rad erklärt nun mit ruhigem Gange: „A Vartel vun Schaffel, a Vartel vun Schaffel“ (.Ein Viertel vom Scheffel).

Mitteldeut. Blätter 2, 1927, S. 20.

Und war der Müller ein Betrüger und ließ die Mühle an, so sprach sie hochdeutsch und fragte erst langsam: „Wer ist da, wer ist da?“ Dann antwortete sie schnell: „Der Müller! der Müller!“ und
endlich ganz geschwind: „Stiehlt tapfer, stiehlt tapfer, vom Achtel drei Sechter.“

Braunschweig: Z. V. f. Vk. 15, 343.

In der Nähe meines Heimatdorfes, Oberschefflenz, stand eine alte Mühle, die in der Regel nur in der Schneeschmelze oder nach Regengüssen genügend Wasser hatte, in der trockenen Jahreszeit jedoch daran Not litt, so daß sich ihr müder Gang oft nur stockend fortschleppte und manchmal wohl auch ganz stille stand. Meine Mutter pflegte diesen Unterschied im Geklapper der Mühle, der ja auch dem Gehör merkbar wurde, in folgenden Sprechversen nachzuahmen. Bei reichlichem Wasser sagte das Mühlrad übermütig und gewissenlos, des Müllers Handwerksregel ausplaudernd, in Dur:

(Halbmelodischer Sprechton, lebendig, plappernd):

Stiehl tapfer, stiehl
tapfer, drei Sechstel vom Achtel!
Bei spärlichem Wasser jedoch wurde es fromm, ging in sich und predigte in Moll dem Müller Mildtätigkeit gegen die Armen: „’s isch ’n armer Ma‘ daus (Mann draußen); gebt’m, gebt’m!
(Schleppend, dumpf)

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