Ahnungsgrauend (Bundeslied vor der Schlacht)

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Ahnungsgrauend (Bundeslied vor der Schlacht)

Ahnungsgrauend, todesmutig
bricht der große Morgen an
und die Sonne, kalt und blutig
leuchtet unsrer blutgen Bahn
In der nächsten Stunden Schoße
liegt das Schicksal einer Welt
und es zittern schon die Lose
und der ehrne Würfel fällt
Brüder, euch mahne die dämmernde Stunde
mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde
treu so zum Tod, wie zum Leben gesellt

Hinter uns, im Graun der Nächte
liegt die Schande, liegt die Schmach
liegt der Frevel fremder Knechte
der die deutsche Eiche brach
Unsre Sprache ward geschändet
unsre Tempel stürzten ein
unsre Ehre ist verpfändet
deutsche Brüder, löst sie ein
Brüder, die Rache flammt. Reicht euch die Hände
daß sich der Fluch der Himmlischen wende
Löst das verlorne Palladium ein

Vor uns liegt ein glücklich Hoffen
liegt der Zukunft goldne Zeit
steht ein ganzer Himmel offen
blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder
Frauenhuld und Liebesglück
alles Große kommt uns wieder
alles Schöne kehrt zurück
Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen
Leben und Blut in die Schanze zu schlagen
nur in dem Opfertod reift uns das Glück

Nun, mit Gott, wir wollen  wagen
fest vereint dem Schicksal stehn
unser Herz zum Altar tragen
und dem Tod entgegen gehn.
Vaterland, dir wolln wir sterben
wie dein großes Wort gebeut
Unsre Lieben mögen´s erben
was wir mit dem Blut befreit
Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen
wachse empor über unsere Leichen!
Vaterland, höre den heiligen Eid

Und nun wendet eure Blicke
noch einmal der Liebe nach
scheidet von dem Bütenglücke
das der giftge Süden brach
Wird euch auch das Auge trüber
keine Träne bringt euch Spott
werft den letzten Kuß hinüber
dann befehlt sie eurem Gott
Alle die Lippen, die für uns beten
alle die Herzen, die wir zertreten
tröste und schütze sie, ewiger Gott

Und nun frisch zur Schlacht gewendet
Aug und Herz zum Licht hinauf
Alles Irdsche ist vollendet
und das Himmlische geht auf
Faßt euch an, ihr deutschen Brüder
jeder Nerve sei ein Held
Treue Herzen sehn sich wieder
Lebewohl für diese Welt
Hört ihr´s, schon jauchzt es uns donnernd entgegen
Brüder, hinein in den blitzenden Regen
Wiedersehn in der besseren Welt

Text: Theodor Körner (12. Mai 1813 vor dem Gefecht bei Danneberg)
Musik:  J. H. E. Bornhardt (1815)

in Allgemeines Deutsches Kommersbuch (1858, Nr.2, Vaterlandslieder) – Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895)